Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfolge bei Erledigung der Scheidungssache durch Versterben eines Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist im Falle des § 619 ZPO a.F. nicht § 91a ZPO (so aber u.a. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 619 Rz. 7; OLG Bamberg FamRZ 1995, 1073) sondern § 93a Abs. 1 Satz 1 ZPO maßgebend, weil diese Regelung für Scheidungs- und Scheidungsfolgensachen eine die allgemeinen Kostenvorschriften verdrängende Sonderregelung ist, die in Konsequenz der Abkehr des Gesetzgebers vom Schuldprinzip grundsätzlich die kostenmäßige Gleichbehandlung der Ehegatten vorsieht, sofern nicht § 97 Abs. 3 ZPO eingreift (vgl. BGH FamRZ 1986, 253-254; offengelassen BGH EzFamRZPO § 91a Nr. 23; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 619 Rz. 5). Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber nunmehr in §§ 131, 150 Abs. 2 Satz 2 FamFG die Kostenfolge dem entsprechend ausdrücklich geregelt hat (vgl. Bahrenfuss, FamFG, 2009, § 131 Rz. 2).
Normenkette
ZPO §§ 91a; ZPO a.F. §§ 93a, 619; ZPO § 131; FamFG § 150 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Aktenzeichen 409 F 148/09) |
Tenor
I. Die Kosten des nach § 619 ZPO erledigten Scheidungsverfahrens werden analog § 93a Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeneinander aufgehoben.
II. Der Streitwert der Berufung beträgt 120.000 EUR.
Gründe
1. Über die Kosten war gem. § 93a Abs. 1 Satz 1 ZPO wie tenoriert zu entscheiden, nachdem die Antragsgegnerin zwischenzeitlich vor Beendigung des Scheidungsverfahrens verstorben ist.
Für die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist nicht § 91a ZPO (so aber u.a. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 619 Rz. 7; OLG Bamberg FamRZ 1995, 1073) maßgebend, weil nach dieser Vorschrift, wenn auch aufgrund einer summarischen Prüfung, auf die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abzustellen ist. Für Scheidungs- und Scheidungsfolgensachen ist § 93a Abs. 1 Satz 1 ZPO eine die allgemeinen Kostenvorschriften verdrängende Sonderregelung, die in Konsequenz der Abkehr des Gesetzgebers vom Schuldprinzip grundsätzlich die kostenmäßige Gleichbehandlung der Ehegatten vorsieht, sofern nicht § 97 Abs. 3 ZPO eingreift (vgl. BGH FamRZ 1986, 253-254; offengelassen BGH EzFamRZPO § 91a Nr. 23; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 619 Rz. 5). Die Gegenmeinung verkennt, dass anders als in den Fällen des § 91a ZPO, in denen aufgrund des übereinstimmenden Parteiwillens die Entscheidung des Rechtsstreit in der Hauptsache dem Gericht entzogen wird und die Parteien nur noch die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wollen, also eine Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, mit dem Tod eines Ehegatten die Erledigungsfiktion des § 619 ZPO von Amts wegen eintritt, so dass in diesem Fall der für Scheidungs- und Scheidungsfolgesachen aus § 93a Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuleitende Grundsatz der Kostenteilung der Rechtslage besser gerecht wird. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber nunmehr in §§ 131, 150 Abs. 2 Satz 2 FamFG die Kostenfolge dem entsprechend ausdrücklich geregelt hat (vgl. Bahrenfuss, FamFG, 2009, § 131 Rz. 2).
Die Kosten aller Instanzen sind somit gegeneinander aufzuheben.
2. Die Streitwertentscheidung folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG. In seiner Antragsschrift hat der Antragsteller das monatliche Nettoeinkommen beider Parteien mit insgesamt 40.000 EUR angegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 2306051 |
FamRZ 2010, 1105 |