Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung eines Balkonschranks - Tatsachenfeststellung anhand von Fotos
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entfernung eines Abstellzwecken dienenden und an der Decke verankerten Balkonschrankes, der in die Fassade einer Wohnungseigentumsanlage als Gestaltungselement integriert ist, stellt eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar.
2. Der Tatrichter kann seine Feststellung, dass eine Maßnahme eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums darstelle, auch auf aussagekräftiges Fotomaterial stützen.
Normenkette
WEG §§ 14, 22 Abs. 1; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 09.01.2006; Aktenzeichen 29 T 63/05) |
AG Köln (Aktenzeichen 215-II 85/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 9.1.2006 - 29 T 63/05 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.
Der Geschäftswert für das Verfahren der Rechtsbeschwerde beträgt 2.000 EUR.
Gründe
Das gem. §§ 45 WEG, 22, 29 FGG zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die landgerichtliche Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand, §§ 27 FGG, 546 ZPO.
Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass die Antragsteller von den Antragsgegnern die Herstellung des ursprünglichen Zustandes, d.h. die Aufstellung des ursprünglich auf dem Balkon installierten, als Abstellraum dienenden Schrankes verlangen können, §§ 1004 Abs. 1 BGB., 15 Abs. 3, 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG. Die Entfernung des Schrankes stellt eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, die die übrigen Eigentümer, da diese sie über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, nicht hinnehmen müssen.
Bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG ist jede auf Dauer angelegte gegenständliche Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die vom Aufteilungsplan oder früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und nicht mehr im Rahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung oder Instandsetzung liegt (Bärmann/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22 Rz. 6 und 7).
Die auf den Balkonen als Abstellraum vorgesehenen Schränke sind mit dem Mauerwerk durch eine Verankerung an der Balkondecke verbunden und ersetzen das seitliche Balkongeländer. Mithin sind sie Teil der Fassadengestaltung und gehören zum Gemeinschaftseigentum. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Entfernung des Schrankes und seine Ersetzung durch ein Balkongeländer den optischen Gesamteindruck der Fassade deutlich verändern. Dies haben die Vorinstanzen anhand der vorgelegten Lichtbilder verfahrensfehlerfrei festgestellt. Einer Augenscheinseinnahme durch das Beschwerdegericht bedurfte es nicht mehr. Es verstößt nicht gegen § 12 FGG, angesichts des aussagekräftigen in den Akten befindlichen Fotomaterials von der Durchführung eines Ortstermins abzusehen (OLG Köln v. 10.6.2005 - 16 Wx 39/05, OLGReport Köln 2005, 701). Die Fotos stellen eine ausreichende Grundlage für die Würdigung des Beschwerdegerichts dar. Sie zeigen verschiedene Ansichten der Wohnungseigentumsanlage einschließlich desjenigen Teils der Fassade, an dem sich der Balkon der Antragsgegner befindet. Die Lichtbilder lassen deutlich erkennen, dass - wie das LG zutreffend ausführt - die einheitlich angebrachten Schränke als seitlicher Abschluss der Balkone ein markantes Element der Ausgestaltung der Fassade sowie einen seitlichen Sichtschutz darstellen. Soweit Schränke an einigen Balkonen fehlen, handelt es sich entweder um Balkone in Gebäudeecken, die dann sämtlich in vertikaler Anordnung in gleicher Weise ausgestaltet sind, oder um einzelne, meist die obersten Balkone, bei denen aus technischen Gründen kein Schrank installiert wurde, wie die Antragsteller unbestritten vorgetragen haben.
Durch das Entfernen des Schranks auf dem Balkon der Antragsgegner wird der optische Gesamteindruck der betroffenen Fassade nachhaltig beeinträchtigt. Damit geht zugleich eine wesentliche Veränderung des ursprünglichen äußeren Erscheinungsbildes der Wohnungsanlage einher, was eine bauliche Veränderung beinhaltet (st. Rspr. des Senats, beispielsweise OLG Köln v. 31.5.1999 - 16 Wx 77/99, OLGReport Köln 1999, 325; Beschl. v. 12.1.2000, NZM 2000, 765). Auf die Frage, ob dadurch unter architektonisch-ästhetischen Gesichtspunkten eine Verbesserung oder Verschlechterung des Gesamteindrucks erreicht wird, kommt es nicht an, da diese Beurteilung keinen objektiven Kriterien zugänglich ist (OLG Köln, Beschl. v. 12.1.2000, NZM 2000, 765).
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass es sich hier weder um eine Maßnahme der Instandhaltung noch der Instandsetzung handelt.
Diese bauliche Veränderung stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Rechte der Antragsteller dar und geht über das in § 14 WEG geregelte Maß hinaus. Die Veränderung auf dem Balkon der Antragsgegner ist von außen gut sichtbar, nämlich von möglichen Besuchern der Grünanlage und...