Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Teilhabe an Hinterbliebenenversorgung; Antragsrücknahme und Verzugswirkung; Herabsetzung Verfahrenswert
Leitsatz (amtlich)
1. In der (irrtümlichen) Rücknahme eines Antrages auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zwecks Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung (§ 25 VersAusglG), um - vermeintlich - noch zusätzliche Versorgungsansprüche in einem anders ausgestalteten Verfahren geltend zu machen, ist keine Rücknahme der Mahnung des Anspruchs gegen den Versorgungsträger nach § 25 VersAusglG zu sehen, wenn für den Versorgungsträger offensichtlich war, dass der Ausgleichsberechtigte grundsätzlich an seinem Anspruch festhalten will.
2. Eine Herabsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren nach §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 3 FamGKG kommt dann in Betracht, wenn mit der Beschwerde nur noch eine geringe und zeitlich eng begrenzte zusätzliche Versorgung verlangt wird.
Normenkette
VersAusglG §§ 25, 20 Abs. 3, § 51 Abs. 3; BGB §§ 1585b, 1613; FamGKG §§ 40, 50 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Siegburg (Beschluss vom 14.12.2011; Aktenzeichen 326 F 37/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird - unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels - der am 14.12.2011 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Siegburg dahin teilweise abgeändert, dass der Firma U. GmbH in V. aufgegeben wird, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Ausgleichsbetrag von 16,75 EUR ab dem Monat Mai 2010 zu zahlen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Antragstellerin, diejenigen des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 268 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere eine Mindestbeschwer nicht erfordernde (§§ 228, 61 FamFG) Beschwerde erweist sich in der Sache als weit überwiegend begründet.
Die Antragsgegnerin schuldet der Antragstellerin, nachdem die Abtretung mit dem Tod des verpflichteten früheren Ehepartners erloschen ist (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 6. Aufl., Rz. 776), auch für den zusätzlichen Zeitraum von Mai 2010 bis Juli 2011 den der Höhe nach unstreitigen Betrag von monatlich 16,75 EUR aus dem Gesichtspunkt der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nach § 25 VersAusglG (nach früherem Recht als "verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich").
Für den gegen den Versorgungsträger zu richtenden Anspruch gilt gemäß den §§ 25 Abs. 4, 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. §§ 1585, 1585b, 1613 BGB, dass der Anspruch für die Vergangenheit nur geltend gemacht werden kann, wenn der Verpflichtete in Verzug gesetzt oder der Anspruch rechtshängig gemacht worden ist. In diesen Fällen wird der Ausgleichsbetrag ab dem Ersten des Monats geschuldet, in den die genannten Ereignisse fallen (§§ 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Im Streitfall kann die Antragstellerin nach diesen Grundsätzen die Ausgleichsrente ab Mai 2010 verlangen.
Der neuerliche, auf § 25 VersAusglG gestützte Antrag ist zwar erst im Augst 2011 bei Gericht gestellt worden. Der frühere, mit Schreiben der Antragstellerin persönlich im Juni 2010 gestellte und ebenfalls auf § 25 VersAusglG gestützte Antrag im Verfahren AG Siegburg 326 F 99/10 war mit Schriftsatz vom 21.1.2011 zurückgenommen worden, so dass die Rechtshängigkeit zunächst entfallen war. Das hiesige Verfahren ist sodann im März 2011eingeleitet worden, zunächst allerdings - infolge eines Irrtums des Verfahrensbevollmächtigten - gerichtet auf Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. § 51 Abs. 3 VersAusglG. Erst dann - im August 2011 - ist es wiederum zu dem Antrag nach § 25 VersAusglG gekommen, der Grundlage für die jetzt zu treffende Entscheidung ist.
Es kann indes im Streitfall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin persönlich unter dem 25.5.2010 die Antragsgegnerin zur weiteren Zahlung von monatlich 16,75 EUR unter Ankündigung der antragsweisen Geltendmachung des "verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" für den Fall der Nichtbestätigung der Fortzahlung aufgefordert und sie damit mit der Wirkung ab 1.5.2010 in Verzug gesetzt hatte. Dem war vorausgegangen, dass die Antragsgegnerin im April 2010 für diesen Monat die Einstellung ihrer Zahlungen nach dem Tod des früheren Ehegatten mitgeteilt hatte.
Die Wirkung dieser Inverzugsetzung ist im Streitfall auch nicht dadurch entfallen, dass der danach bei Gericht eingereichte Antrag im Januar 2011 zurückgenommen worden ist. Im Regelfall ist zwar in der Rücknahme eines Antrags eine Rücknahme einer Mahnung für die Zukunft zu sehen (betreffend Unterhalt vgl. Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 6 Rz. 141 m.w.N.). Im hier zur Entscheidung stehenden Fall ist indes die Rücknahme ersichtlich nur erklärt worden, um zusätzliche Versorgungsansprüche in einem anders ausgestalteten Verfahren geltend zu machen, weil der bislang beschrittene verfahrensrechtliche Weg (irrtümlich) als unzutreffend angesehen wurde. Davon, dass von der Antragstellerin das Ziel aufgegeben w...