Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 17 O 72/16)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 23.06.2016 (Az. 17 O 72/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages.

Die Kläger sind der Auffassung, die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft. Sie hätten daher auch im Juni 2015 ihre auf den Abschluss der - nach Ansicht der Kläger - zwei Darlehensverträge vom 17.08.2007 gerichteten Willenserklärungen noch widerrufen können. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die von ihr eingesetzte Widerrufsbelehrung für den einheitlichen Darlehensvertrag über 99.000 EUR sei nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 23.06.2016 (Bl. 200 ff. GA), auf das wegen der Einzelheiten der Feststellungen zum erstinstanzlichen Parteivortrag, der in erster Instanz gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung habe den Klägern kein Widerrufsrecht mehr zugestanden, da sie ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. Dass die Belehrung von der Musterbelehrung abweiche, sei irrelevant, da die Belehrung - was vorrangig zu prüfen sei - den gesetzlichen Vorgaben genüge. Die Belehrung sei weder hinsichtlich ihrer optischen noch bezüglich der inhaltlichen Gestaltung zu beanstanden. Es habe im streitgegenständlichen Antragsverfahren auch kein Missverständnis in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist entstehen können. Der vorliegende Fall sei mit dem der Entscheidung des BGH vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) zugrunde liegenden Sachverhalt - eines im Wege des Angebotsverfahrens geschlossenen Darlehensvertrages - nicht vergleichbar. Für den Darlehensnehmer sei auch hinreichend klar, welche Vertragsbedingungen und Finanzierungsbedingungen ihm für den Beginn der Widerrufsfrist vorliegen müssen, nämlich die im Darlehensantrag enthaltenen. Die einmalige Verwendung des Wortes "Widerspruch" statt "Widerruf" sei unschädlich. Gleiches gelte für den Hinweis auf die Pflicht des Darlehensnehmers, Zahlungen innerhalb von 30 Tagen zu erstatten, ohne entsprechenden Hinweis auf die Erstattungspflicht des Darlehensgebers. Letztere sei in der vorliegenden Konstellation mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen praktisch ausgeschlossen. Auch die vorsorglichen Angaben für verbundene Geschäfte seien nicht zu beanstanden, da sie insbesondere aufgrund des besonders hervorgehobenen Hinweises nicht geeignet seien, bei einem durchschnittlichen Verbraucher Missverständnisse hervorzurufen. Da der Widerruf deutlich nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgt sei, komme es weder auf die Frage der Verwirkung bzw. des Rechtsmissbrauchs noch darauf an, ob die Kläger die wechselseitigen Ansprüche im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses zutreffend ermittelt haben.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Die Verwendung einer Widerrufsbelehrung für mehrere Darlehensverträge genüge nicht den Anforderungen, insbesondere weil aus ihr nicht deutlich werde, welchen konkreten Vertrag der Verbraucher widerrufen kann und welche Folgen daraus resultieren. Die Belehrung genüge nicht dem gesetzlichen Textformerfordernis, weil es an einem textlichen Abschluss fehle. Die verwendete Belehrung sei nicht deutlich gestaltet, da sie sich gestalterisch nicht von dem übrigen Schriftbild des Vertrags unterscheide. Die Belehrung zum Fristbeginn sei unbestimmt. Ein Durchschnittsverbraucher könne nicht erkennen, was mit "allen Vertragsbedingungen" gemeint sei. Die Formulierung "zu dem Zeitpunkt" lege das unrichtige Verständnis nahe, der Tag des Erhalts der für den Fristbeginn erforderlichen Unterlagen werde in die Fristberechnung einbezogen. Die Verwendung des Begriffs "Widerspruch" sei evident falsch und verwirrend. Die Belehrung sei auch deshalb falsch, weil sie keine Auskunft darüber gebe, dass auch die Bank einer Rückzahlungsfrist unterworfen ist. Hierbei handele es sich um eine für die Entscheidung des Verbrauchers, den Widerruf auszuüben, wesentliche Information. Die Widerrufsbelehrung sei mit überflüssigen und verwirrenden Zusätzen überfrachtet. Dies gelte zum einen hinsichtlich der Belehrung, wonach der Darlehensnehmer, der die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren könne, der Bank insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten müsse. Auch die Belehrung unter der Zwischenüberschrift "Finanzierte Geschäfte", obwohl kein solches Geschäf...

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