Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen, unter welchen eine Sendeanlage zum unbemerkten Aufnehmen des Bildes eines anderen "bestimmt" ist

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter welchen eine Sendeanlage zum unbemerkten Aufnehmen des Bildes eines anderen "bestimmt" ist.

 

Normenkette

TKG § 90 Abs. 1 S. 1, § 148 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bonn hat die Angeklagte mit der angefochtenen Entscheidung wegen "vorsätzlichen Besitzes einer Sendeanlage, die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet war und aufgrund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet und bestimmt war, das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzuzeichnen" zu der Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 21,-- € verurteilt. Es hat zum Tatgeschehen die nachfolgenden Feststellungen getroffen:

"Die Angeklagte verfügt über keine Fahrerlaubnis. Sie hat in der Vergangenheit sowohl in Marokko als auch in Deutschland den Versuch unternommen, einen Führerschein zu erwerben, ist hieran jedoch stets gescheitert, weil die erforderliche theoretische Prüfung sie vor unüberwindbare Hürden stellte. Ihre fehlende Alphabetisierung sowie ihre nicht vorhandenen Sprachkenntnisse machen ihr das Bestehen der theoretischen Prüfung nahezu unmöglich. Vor diesem Hintergrund beschloss die Angeklagte, mittels technischer Hilfsmittel, die sie vor einer theoretischen Führerscheinprüfung beim TÜV unter ihrer Kleidung anbrachte, und unter Inanspruchnahme der Hilfe Dritter die theoretische Führerscheinprüfung manipulativ zu bestehen. Vor dem 13.03.2018 erwarb sie eine Aufnahme- und Sendeapparatur, bestehend aus einem GXV3500 IP Video Encoder/Decoder, einem Bullet M2 (BM2HP)-Router, einem PoE-Adapter zur Einspeisung der Spannungsversorgung über Ethernet, einem Akku-Vari Core AQ3S 12 V, 6800mAh, und einer Videokamera. Der Video Encoder/Decoder dient dazu, ein analoges Video-Audiosignal auf ein digitales Signal zu konvertieren und dieses Signal dann über Ethernet in einem Netzwerk bereitzustellen. Netzwerkfähige Geräte, die in dieses Netzwerk eingebunden sind, sind somit in der Lage, das Video- bzw. Audiosignal zu empfangen. Der Bullet M2 - Router dient dem Senden und Empfangen von Ethernetsignalen via WLAN. Es handelt sich dabei um eine Schnittstelle zwischen drahtlosem und drahtgebundenen Netzwerk. Als Spannungsversorgung dient der Akku. Dieser ist sowohl an den Decoder wie auch an den PoE-Adapter über einen Schaltkontakt angeschlossen. An den Decoder ist über eine Kabelverbindung die Videokamera angeschlossen. Der PoE-Adapter ist netzwerkseitig mit dem Decoder wie auch mit dem Bullet M2 Router verbunden. Der Decoder und der Router befinden sich im gleichen Netzwerksegment. Somit liefert der Decoder das Videobild über die Netzwerkschnittstelle an den Router. Der Video Encoder/Decoder empfängt das Videosignal der Videokamera und konvertiert diese in ein Ethernet-Datensignal. In den Router Bullet M2 wird dieses Videosignal per Funk als WLAN gesendet. Über ein WLAN-fähiges mobiles Empfangsgerät (Notebook oder Smartphone) kann anschließend das Videosignal empfangen und als Video dargestellt werden. Das mit der Videokamera aufgezeichnet Bildsignal kann dabei live auf dem Empfangsgerät abgespielt werden.

Die gesamte Baugruppe ist aufgrund des Funktionsumfanges der einzelnen Komponenten und der ermittelten Konfiguration dazu geeignet, Videobilder einer Person via WLAN aufzuzeichnen und zu übertragen. Eine Übertragung des Audiosignals ist aufgrund fehlenden Mikrophons nicht möglich. Eine Aufnahme im Sinne von Speichern ist mit dem Gerät ebenfalls nicht möglich, da ein hierfür notwendiger Datenspeicher nicht vorhanden ist.

Die gesamte Apparatur befestigte die Angeklagte mit Unmengen von Klebeband unter ihrem Oberteil, das aus einem dünnen Stoff bestand. In die Frontseite des Oberteils hatte die Angeklagte ein ca. 1 mm großes Loch geschnitten, sodass die Linse der Videokamera hindurch passte. Auf der Rückseite des Oberteils war die Videokamera mit Panzerband so angeklebt, dass sie nicht verrutschen, sondern durch das kleine Loch der Kleidung hindurch aufnehmen konnte.

So ausgestattet, begab sich die Angeklagte am 13.03.2018 in die Räume der TÜV Rheinland GmbH in A, B 14, um dort die theoretische Prüfung abzulegen und eine Fahrerlaubnis zu erlangen. Während der Prüfung verhielt sie sich auffällig, weil sie stets versuchte, sich mit der in ihrem Oberteil angeklebten Videokamera gegenüber den auf dem Bildschirm auftauchenden Prüfungsfragen zu positionieren. Dies bemerkte der Fahrerlaubnisprüfer und Zeuge C. Nach kurzer Zeit entdeckte der Zeuge C die Kameralinse an der Oberbekleidung der Angeklagten und brach die theoretische Prüfung bzgl. ihrer Person sofort ab. Sodann bat er die Angeklagte in ein Nebenzimmer, wo die Zeug...

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