Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Aufhebung bewilligter Prozesskostenhilfe nalch § 124 Nr. 2 ZPO

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 ZPO kommt dann in Betracht, wenn die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, einer Aufforderung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht nachgekommen ist. Danach hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Es besteht jedoch keine Verpflichtung zu einer erneuten Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Reagiert die Partei auf eine Aufforderung des Gerichts, eine solche mitübersandte Formuarerklärung abzugeben nicht, liegt in der fehlenden Erklärung der Partei kein Pflichtenverstoß, der die Entziehung der Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnte. Dies gilt auch für den Fall, dass die Partei seitens des Gerichts darauf hingewiesen worden ist, dass für den Fall der Nichtabgabe einer solchen Erklärung die bewilligte Prozesskostenhilfe widerrufen werden kann.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 04.04.2006; Aktenzeichen 47 F 106/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 11.4.2006 wird der Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 4.4.2006 aufgehoben.

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ist die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 120 Nr. 2 ZPO widerrufen worden, da sie trotz Erinnerung nicht der Aufforderung nachgekommen ist, ihre finanziellen Verhältnisse darzulegen.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist begründet. Die bewilligte Prozesskostenhilfe kann nach der Vorschrift des § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben werden, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat. Das Gericht ist nach § 120 Abs. 4 ZPO berechtigt, die Entscheidung über zu leistende Zahlungen zu ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich deshalb die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (§ 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach diesen Vorschriften liegen hier nicht vor. Zwar hat die Antragstellerin auf das Anschreiben des Gerichts und die (einmalige) Erinnerung vom 9.3.2006 keine Erklärung abgegeben. Mit dem gerichtlichen Schreiben vom 19.1.2006 (Bl. 10 PKH-Heft) ist die Antragstellerin aber nicht aufgefordert worden, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Sie ist vielmehr gebeten worden, das mitübersandte Formular ZP1a (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) auszufüllen, mit den entsprechenden Nachweisen zu versehen und innerhalb von drei Wochen zurückzuschicken. Ferner wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben werden könne, wenn die Antragstellerin der Verpflichtung zur Rücksendung des ordnungsgemäß ausgefüllten Formulars nicht nachkomme. Entgegen der in diesem Schreiben vertretenen Auffassung besteht jedoch keine Verpflichtung zu einer erneuten Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 120 Rz. 28, m.w.N.). Mangels einer dem § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO entsprechenden Aufforderung liegt in der fehlenden Erklärung der Antragstellerin kein Pflichtenverstoß, der die Entziehung der Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1694516

ZFE 2007, 79

NJOZ 2006, 4357

OLGR-Mitte 2006, 875

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