Leitsatz (amtlich)
Rückständiger Krankenvorsorgeunterhalt ist auch dann in voller Höhe (des erforderlichen Privatversicherungsbeitrages) geschuldet, wenn der Unterhaltsgläubiger es aus wirtschaftlichen Gründen unterlassen hat, eine private Krankenversicherung abzuschließen und somit im Zeitraum, für den Rückstände verlangt werden, faktisch unversichert war.
Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 220 F 294/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Unter Zurückweisung seiner weitergehenden Beschwerde wird auf die Beschwerde des Antragstellers im Übrigen der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 23.03.2017 - 220 F 294/12 - abgeändert und in seiner Ziffer I wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller nachehelichen Unterhalt zu zahlen, fällig hinsichtlich des laufenden Unterhalts jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats im Voraus, Rückstände sofort fällig und mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen, in folgender Höhe:
für das Jahr 2013 monatlich 100,00 EUR sowie weitere 548,00 EUR monatlich als Krankenvorsorgeunterhalt;
von Januar 2014 bis März 2017 und laufend ab Juni 2018 jeweils monatlich 548,00 EUR als Krankenvorsorgeunterhalt.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu × und die Antragsgegnerin zu 1/4.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.868,07 EUR festgesetzt, davon Beschwerde des Antragstellers: 13.220,07 EUR und Beschwerde der Antragsgegnerin: 4.648,00 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt. Die Antragsgegnerin erhält eine Beamtenpension, der Antragsteller bezieht Altersrente. Nachdem er aufgrund der Scheidung seine über die Antragsgegnerin abgeleitete Beihilfeberechtigung verloren und die Antragsgegnerin seine Mitversicherung in ihrer privaten Krankenversicherung gekündigt hat, ist er ohne Krankenversicherungsschutz. Der Antragsteller hat neben einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.188,71 EUR auch Kranken- und Pflegeversicherungsunterhalt beantragt; dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten, weil sie meint, da der Antragsteller - unstreitig - keine Versicherung habe, sei Krankenvorsorgeunterhalt nicht geschuldet. Zwischen den Beteiligten steht weiter in Streit, in welcher Höhe für ein von der Antragsgegnerin genutztes Wohnobjekt in Österreich ein Wohnwert anzusetzen ist, ferner, inwieweit aufgrund einer steuerlichen Selbstanzeige des Antragstellers unterhaltsrechtliche Verwirkung anzunehmen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 23.03.2017 (Bl. 837 - 861 d.A.) Bezug genommen.
Mit vorbezeichneter Entscheidung hat das Amtsgericht - Familiengericht - Aachen unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags die Antragsgegnerin zur Zahlung von Unterhalt in monatlicher Höhe von 581,00 EUR für 2013, 500,00 EUR für 2014, 374,00 EUR für Januar und Februar 2015, 530,00 EUR für März bis Dezember 2015, 461,00 EUR für das Jahr 2016 und die Monate Januar bis März 2017 und sodann laufenden 548,00 EUR Krankenvorsorgeunterhalt verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe trotz durchgeführten Versorgungsausgleichs aufgrund der wirtschaftlichen Differenz der beiderseitigen Altersversorgung - zumal der Antragsgegnerin noch ein Wohnwert anzurechnen sei - ein Unterhaltsanspruch, der allerdings für das Jahr 2012 wegen der Selbstanzeige des Antragstellers verwirkt sei. Ab 2013 bestehe ein Anspruch, wobei indes der hälftige Eigentumsanteil des Antragstellers an einer österreichischen Immobilie - die die Antragsgegnerin bewohnt - außer Acht zu bleiben habe, da er nicht verwertbar sei.
Mit Blick darauf, dass der Antragsteller keine Krankenversicherung abgeschlossen habe, sei zur Vermeidung von Unbilligkeiten der Krankenvorsorgeunterhalt für die Vergangenheit nicht konkret geschuldet, sondern es sei nur ein (fiktiver) Krankenversicherungsbeitrag mit dem Einkommen des Antragstellers zu verrechnen.
Hiergegen richten sich die Beschwerden beider Beteiligter.
Der Antragsteller ist der Ansicht, das Amtsgericht sei zu Unrecht von Verwirkung ausgegangen. Auch meint er, der rückständige Krankenvorsorgeunterhalt sei ungeachtet dessen, dass er unversichert gewesen sei, zu zahlen.
Er beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 23.03.2017 dahingehend abzuändern, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird,
für Juli bis Dezember 2012 weitere monatliche 928,71 EUR zu zahlen,
ab 01.01.2013 über die titulierten 581,00 EUR hinaus jeweils weitere monatliche 607,71 EUR,
ab 01.01.2014 über die titulierten 500,00 EUR hinaus jeweils weitere monatliche 568,56 EUR,
ab 01.01.2015 über die titulierten 374,00 EUR hinaus jeweils weitere monatliche 536,06 EUR,
ab 01.01.2016 bis einschließlich März 2017 über die titulierten 461,00 EUR hinaus jeweils weitere monatliche 569,05 EUR und
ab 01.04.2017 über die titulierten monatlichen 548,00 ...