Leitsatz (amtlich)

1. Eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist zwar für die Zuständigkeit des zur Sachentscheidung berufenen Gerichts bindend, nicht jedoch für die abschließende Festsetzung des Gebührenstreitwerts nach § 48 GKG.

2. Für die Wertfestsetzung einer positiven Feststellungsklage ist regelmäßig zwar ein Abschlag von 20% gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen.

3. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es um die Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens geht, denn dann bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Klagepartei nicht allein an der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch daran, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintritts und einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist. Denn die Bedeutung eines solchen Feststellungsausspruchs ist zwangsläufig größer, wenn der Schaden in absehbarer Zeit erkennbar droht als dann, wenn es sich nur um eine entfernt liegende, mehr theoretische, aber nicht völlig auszuschließende Möglichkeit handelt.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 2 O 174/17)

 

Tenor

Die im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.06.2019 gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Köln vom 14.06.2019 (2 O 174/17) wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der vom Landgericht festgesetzte Streitwert setzt sich - wie sich aus dem Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts vom 11.07.2019 (BI. 357 d. A.) ergibt - folgendermaßen zusammen:

Klageantrag zu 1 (Schmerzensgeld)

3.500 EUR

Klageantrag zu 2 (pos. Feststellung)

1.000EUR

4.500 EUR

In seiner Beschwerdeschrift vom 26.06.2019 (BI. 331 f. d. A.) vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, der Streitwert sei auf mindestens bis zu 6.000 EUR festzusetzen, weil ansonsten das Landgericht sachlich unzuständig gewesen wäre. Ergänzend führt er im Schriftsatz vom 25.07.2019 (BI. 372 ff. d. A.) aus, dass er bereits mit Schriftsatz vom 25.06.2017 (BI. 95 f. d. A.) klargestellt habe, dass er ein Schmerzensgeld von mindestens 3.500 EUR für angemessen erachte und ein zukünftiger materieller Schaden der Klägerin von 3.000 EUR anzunehmen sei. Jedenfalls könne sich nach der Entscheidung des OLG Köln vom 09.08.2017 - 8 AR 36/17 (BI. 115 ff. d. A.) der Streitwert nicht mehr unter der Zuständigkeitsschwelle des Landgerichts bewegen; tatsächlich sei er sogar auf 6.500 EUR und damit auf bis zu 7.000 EUR festzusetzen.

II. Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG statthafte und fristgerecht eingelegte sowie gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG in zulässiger Weise im eigenen Namen erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat den Streitwert gemäß § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu Recht und in zulässiger Weise auf insgesamt 4.500 EUR festgesetzt, wobei der Beschwerdeführer die darin enthaltene Position von 3.500 EUR für den Klageantrag zu 1 (Schmerzensgeld) auch nicht beanstandet. Soweit er jedoch der Auffassung ist, dass für den Klageantrag zu 2 (pos. Feststellung) statt eines Wertes von 1.000 EUR ein solcher von 3.000 EUR - bzw. wegen der Zuständigkeitsschwelle des Landgerichts ein solcher von jedenfalls 1.500 EUR - in Ansatz zu bringen sei, teilt der Senat diese Rechtsauffassung nicht.

1. Einer Streitwertfestsetzung auf insgesamt 4.500 EUR steht der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 09.08.2017 (8 AR 36/17) nicht entgegen.

Dieser erging im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und ist damit zwar für die Zuständigkeit des zur Sachentscheidung berufenen Gerichts bindend, nicht jedoch für die abschließende Festsetzung des Gebührenstreitwerts nach § 48 GKG.

Zwar führt der 8. Zivilsenat im o. g. Beschluss aus, dass die vom Amtsgericht erfolgte Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts auf insgesamt 6.500 EUR (3.500 EUR Schmerzensgeld, 3.000 EUR Feststellung zukünftiger Schäden) nicht offenbar gesetzeswidrig oder offensichtlich unrichtig sei. Diese Feststellung erfolgte jedoch allein im Rahmen der Prüfung, ob und inwieweit der vorangegangene Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Bindungswirkung i. S. v. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entfaltet, ohne hingegen für das im Beschluss vom 09.08.2017 als zuständig bestimmte Landgericht eine eigenständige Bindungswirkung in Bezug auf den nach Abschluss des Verfahrens festzusetzenden Streitwert zu entfalten.

2. Der Wert des positiven Feststellungsantrags (Klageantrag zu 2) ist gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen, wobei die im konkreten Fall vom Landgericht erfolgte Festsetzung auf 1.000 EUR angemessen erscheint.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 25.06.2017 vorgetragen hatte, dass er von einem avisierten Betrag von (geschätzt) 3.000 EUR für den materiellen Zukunftsschaden der Klägerin ausgehe. Ebenso wenig lässt der Senat außer Acht, das...

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