Leitsatz (amtlich)
›Auch bei dr Prüfung der Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung gemäß § 121 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. ZPO ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen.‹
Verfahrensgang
AG Heinsberg (Aktenzeichen 17 C 35/97) |
Gründe
I. Die Nebenintervenientin - Mutter des beklagten Kindes und geschiedene Ehefrau des Klägers - wendet sich mit der Beschwerde gegen die Versagung der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der ihr bewilligten Prozeßkostenhilfe. In dem zugrunde liegenden Ehelichkeitsanfechtungsverfahren, das nach Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes als Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft fortgeführt wird, ist dem Kläger Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts bewilligt worden. Der Nebenintervenientin, die dem Rechtsstreit auf Seiten des beklagten Kindes beigetreten ist, hat das Amtsgericht ebenfalls Prozeßkostenhilfe bewilligt, die beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch mit der Begründung abgelehnt, die Sach- und Rechtslage sei einfach. Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. In dem Nichtabhilfebeschluß vom 2.10.1998 hat es unter anderem auf den für das Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz und das Fehlen besonderer Schwierigkeiten hingewiesen.
II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Beschwerde, die am 2.11.1998 an den Senat gelangt ist, führt zum Erfolg.
1. Der Senat hat sich im Rahmen dieses Verfahrens nicht mit der Frage zu befassen, ob die Rechtsverfolgung der Nebenintervenientin mutwillig erscheint und ihr daher Prozeßkostenhilfe überhaupt hätte verweigert werden müssen (vgl. zu diesem Problemkreis bei Nebenintervention nach § 640e ZPO allgemein Zöller/Philippi, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1997, Rdn 54 zu § 114). Diese Frage hat das Amtsgericht mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zugunsten der Nebenintervenientin entschieden, insoweit ist die Sache nicht bei dem Senat nicht angefallen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur die von der Nebenintervenientin beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts.
2. Die Notwendigkeit der Anwaltsbeiordnung ergibt sich nicht schon aus § 121 Abs.1 ZPO, weil Kindschaftssachen nach dem inzwischen in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetz zwar Familiensachen sind (§ 621 Abs. 1 Nr. 10 ZPO n.F.), in erster Instanz aber - nach wie vor - nicht als Anwaltsprozeß, sondern als als Parteiprozeß geführt werden, § 78 Abs.2 ZPO n.F.
3. § 121 Abs.2 Satz 1 ZPO sieht die Beiordnung eines Anwalts im Parteiprozeß unter zwei alternativen Voraussetzungen vor: Erforderlichkeit oder Waffengleichheit.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Amtsgericht bei der Prüfung der Erforderlichkeit in Erwägung gezogen, ob die Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall als einfach anzusehen ist. Denn unter diesem Gesichtspunkt ist die Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung auch in Kindschaftssachen zu prüfen, weil diese Verfahren nicht etwa ihrer Natur nach schwierig sind (OLG Köln [16. Zivilsenat] FamRZ 1994, 1126). Der Senat vermag allerdings der Einschätzung des Schwierigkeitsgrades durch das Amtsgericht für den vorliegenden Fall nicht zu beizupflichten. Die Parteien verfolgen nicht das gleiche Rechtsschutzziel, die außereheliche Abstammung des Beklagten ist auch nicht unstreitig. Angesichts dessen stellt sich die Sachlage nicht so einfach und problemlos dar, daß eine anwaltliche Vertretung der Nebenintervenientin entbehrlich erscheint. Dabei kommt es nicht darauf an, daß inzwischen durch das - nach dem angefochtenen Beschluß eingeholte - Abstammungsgutachten vom 2.7.1998 die Vaterschaft des Klägers geklärt sein dürfte. Ähnlich wie bei der Prüfung der Erfolgsaussichten nach § 114 ZPO ist vielmehr maßgebend, ob die Erforderlichkeit nach § 121 Abs.2 Satz 1 ZPO im Zeitpunkt der Entscheidungsreife gegeben war. Abzustellen ist daher insoweit auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung am 25.3.1998.
Vor diesem Hintergrund ist auch nicht nachzuvollziehen, warum das Amtsgericht die Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Kläger als erforderlich erachtet hat, für die Nebenintervenientin hingegen nicht, obwohl auch im Bezug auf den Kläger der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens als Kriterium für die Notwendigkeit anwaltlichen Beistands heranzuziehen war und sich zwischen der Beiordnung der Klägervertreter gemäß Beschluß vom 25.2.1998 und der hier angefochtenen Entscheidung eine Vereinfachung der Sach- und Rechtslage nicht ergeben hatte. Der Hinweis auf die "fakultative" Parteirolle der Nebenintervenientin ist als Rechtfertigung für die unterschiedliche Beurteilung ebensowenig geeignet wie die Betonung des Amtsermittlungsgrundsatzes. Nach erfolgtem Beitritt ist die Parteirolle der Nebenintervenientin nicht mehr "fakultativ" und der Amtsermittlungsgrundsatz gilt in gleicher Weise im Bezug auf den Kläger.
4. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß im vorliegenden Fall die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch unter dem Gesichtspunkt d...