Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgebliches Verfahrensrecht für die inländische Anordnung einer Nachlasspflegschaft bei einem Erblasser mit letztem gewöhnlichem Aufenthaltsort im Ausland

 

Leitsatz (amtlich)

1. Deutsche Gerichte sind international für die Anordnung der Nachlasspflegschaft für in Deutschland befindliche Vermögenswerte eines mit letztem gewöhnlichem Aufenthaltsort im Ausland verstorbenen Erblassers zuständig.

2. Die Anordnung und die Überwachung der Nachlasspflegschaft richtet sich nach deutschen Sachvorschriften, auch wenn auf die Erbfolge ausländisches Recht Anwendung findet.

 

Normenkette

BGB § 1961; EuErbVO Art. 10, 19, 21; FamFG § 35

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 700H VI 1942/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten vom 09.11.2020 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Aachen vom 22.10.2020, 700H VI 1942/18, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu tragen.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 25.07.2018 hat Frau U. H. K. die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gem. § 1961 BGB beantragt, um einen Löschungsanspruch bezüglich im Grundbuch eingetragener Rechte des Erblassers geltend zu machen. Sie hat vorgetragen, dass die Erben unbekannt seien.

Durch Beschluss vom 30.07.2018 hat das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten als Nachlasspfleger mit den Wirkungskreisen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, der Ermittlung der Erben und der Vertretung der unbekannten Erben im Löschungsverfahren des Amtsgerichts Aachen betreffend das Grundbuch von W., Blatt ..., bestellt (Bl. 44 ff. d.A.).

Am 11.10.2018 hat der Beteiligte einen ersten Bericht in der Nachlasssache an das Nachlassgericht übersandt und u.a. mitgeteilt, dass die Löschungsbewilligung seiner Auffassung nach zu erteilen sei (Bl. 62 ff. d.A.). Zudem hat er in einem weiteren Schriftsatz vom 11.10.2018 beantragt, die gerichtliche Genehmigung zu erteilen. Nachdem er die Löschungsbewilligung in öffentlich beglaubigter Form am 23.01.2019 mit Zustimmung des bestellten Verfahrenspflegers erklärt hat, hat das Nachlassgericht durch Beschluss vom 07.02.2019 die Erklärungen des Beteiligten nachlassgerichtlich genehmigt (Bl. 92 ff. d.A.). Anschließend ist die Löschung der Rechte des Erblassers im Grundbuch erfolgt.

Am 02.07.2019 hat der Beteiligte ein Nachlassverzeichnis vorgelegt (Bl. 110 d.A.).

Am 30.03.2020 hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts die Angelegenheit mit dem Beteiligten persönlich erörtert. Hierbei ist u.a. abgesprochen worden, dass der Restnachlass hinterlegt werden und die Rechnungslegung bis zum 19.04.2010 erfolgen soll.

Mit Schriftsatz vom 16.04.2020 hat der Beteiligte einen weiteren Bericht über seine Tätigkeit als Nachlasspfleger eingereicht (Bl. 124 ff. d.A.).

Am 23.04.2020 hat das Nachlassgericht den Beteiligten aufgefordert, eine Rechnungslegung mit den Originalbelegen einzureichen, die Vergütung anzumelden und anschließend den Restnachlass beim Amtsgericht zu hinterlegen (Bl. 127 d.A.). Am 02.07.2020 hat das Nachlassgericht an die Erledigung des Schreibens vom 23.04.2020 erinnert. Mit Schreiben vom 09.09.2020 hat das Nachlassgericht an die Verfügung vom 23.04.2020 erinnert, eine Frist bis zum 16.10.2020 gesetzt und die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 1.000,00 EUR angedroht (Bl. 128 d.A.).

Durch Beschluss vom 22.10.2020 hat das Nachlassgericht ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR gegen den Beteiligten festgesetzt (Bl. 130 f. d.A.).

Gegen diesen dem Beteiligten am 26.10.2020 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 09.11.2020 beim Amtsgericht Aachen eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 135 d.A.).

Durch Beschluss vom 25.11.2020 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 136 f. d.A.).

II. Die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes, über die gem. §§ 35 Abs. 5 FamFG, 568 S. 1 ZPO ein Mitglied des Senats als Einzelrichter entscheidet, weil die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist, ist gem. §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde indes keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat zu Recht ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR gegen den Beteiligten festgesetzt.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung der Nachlasspflegschaft und Aufsichtsmaßnahmen gegenüber dem Nachlasspfleger ergibt sich hier gem. Art. 10 Abs. 1 Ziff. a) EuErbVO. Der Erblasser hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes in Brasilien, d.h. nicht in einem Mitgliedsstaat der EuErbVO. Es befindet sich Vermögen des Erblassers in Deutschland und der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger.

Die Festsetzung des Zwangsgeldes richtet sich nach deutschen Sachvorschriften. Zwar ist hier gem. Art. 21 Abs. 1 EuE...

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