Entscheidungsstichwort (Thema)
Risikoaufklärung bei Laser-Operation am Auge
Leitsatz (amtlich)
Über das gesteigerte Risiko der Blendempfindlichkeit als Folge einer Laser-Operation am Auge war auch schon im Jahr 2000, wo diese Operation noch als Neulandmethode anzusehen war, gründlich und umfassend aufzuklären, weil Kenntnisse über den Zusammenhang zwischen Pupillendurchmesser, Größe der Behandlungszone und Blendungserscheinungen schon vorhanden waren.
Leidet ein 21-jähriger Patient infolge einer rechtswidrigen Laser-Operation in einem Maße an erhöhten Blendungserscheinungen, dass er ohne unzumutbare Hilfsmittel nicht mehr ein Kraftfahrzeug führen kann, ist ein Schmerzensgeld von jedenfalls 10.000 EUR angemessen.
Normenkette
BGB §§ 253, 280, 823
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 14.10.2010; Aktenzeichen 11 O 278/06) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 14.10.2010 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen - 11 O 278/06 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht hat das LG den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 EUR nebst Zinsen an den Kläger verurteilt und die Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz festgestellt. Der Beklagte haftet dem Kläger wegen einer mangelhaften Eingriffs- und Risikoaufklärung gem. §§ 847 BGB a.F., 823 Abs. 1 BGB für die immateriellen und materiellen Schäden, die durch die LASIK-Operation des linken Auges vom 19.7.2000 entstanden sind.
1. Der Beklagte hätte den Kläger angesichts dessen starker Kurzsichtigkeit und vor allem dessen großen Pupillendurchmessers darüber unterrichten müssen, dass bei dem Kläger ein gesteigertes Risiko einer erhöhten Blendempfindlichkeit in Betracht kam, welches der Beklagte mit den vorgenommenen Untersuchungen nicht zuverlässig abschätzen konnte. Diesen Anforderungen hat der Beklagte, der nur einen allgemeinen Hinweis auf das Auftreten von Blendungserscheinungen behauptet, nach eigenem Vorbringen nicht entsprochen.
a) Der Senat tritt der Auffassung des LG bei, dass der Beklagte im rechtlichen Ausgangspunkt zu einer besonders gründlichen und umfassenden Aufklärung verpflichtet war. Dies galt sowohl allgemein als auch für das Risiko einer erhöhten Blendempfindlichkeit.
Erstens handelte es sich um eine relativ indizierte, in keiner Weise dringliche Operation. Da ein Patient das Für und Wider um so genauer abwägen wird, je weniger dringlich der Eingriff ist, ist der Arzt in derartigen Fällen zu einer genaueren Darstellung der Risiken verpflichtet. Die Kurzsichtigkeit des Klägers hätte wie in der Vergangenheit durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille ausgeglichen werden können, was lediglich im Sommer allergiebedingt Beschwerden beim Tragen der Kontaktlinsen oder Beschwerden beim Tragen der relativ schweren Brille bereitet hätte, zumal sich der Kläger im Jahr 1996 einer Nasenoperation unterzogen hatte.
Zweitens stellte die LASIK-Operation im Jahr 2000 nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. M. bei drei bis vier Jahren Erfahrung mit diesem Verfahren eine Neulandmethode dar (S. 3 des Sitzungsprotokolls vom 1.4.2009, Bl. 226d. A), was den Aufklärungsumfang beeinflusste. Dies deckt sich in Bezug auf den Kläger, was der Beklagte in der Berufungsbegründung verkennt, mit den Richtlinien zur Bewertung refraktiv-chirurgischer Eingriffe (Stand März 2000) der Kommission Refraktive Laserchirurgie (KRC). Danach stellte die LASIK lediglich bis zu einer Myopie von - 10 dpt. ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren zur Myopiekorrektur dar, während Korrekturen der Myopie über - 12 dpt. abzulehnen waren. Der Kläger lag bei einer Kurzsichtigkeit von - 9,75 dpt. und einer Stabsichtigkeit von - 2,75 dpt. präoperativ, was einem zu korrigierenden Mittelwert von etwa - 11,5 dpt. (sphärisches Äquivalent) entspricht (vgl. die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. auf S. 6 des Gutachtens vom 22.10.2007, Bl. 130d. A), zwischen den genannten Grenzwerten.
Drittens hat der Kläger, der mit dem Beklagten am 7.1.2000, 31.5.2000 und 18.7.2000 drei, teils unstreitig ungewöhnlich lange, Vorgespräche führte, nach den nicht zu beanstandenden und für den Senat bindenden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Feststellungen des LG im zweiten Gespräch ausdrücklich nach der Gefahr von Blendungserscheinungen gefragt, was dem Beklagten einen erheblichen allgemeinen und in Bezug auf das Risiko einer erhöhten Blendempfindlichkeit speziellen Aufklärungsbedarf des Klägers deutlich machte, dem er angemessen Rechnung zu tragen hatte.
b) Der Einwand des Beklagten, dass das sich aus einem großen Pupillendurchmesser e...