Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungswidrigkeitenrecht. Geschwindigkeitsmessung mit TRAFFIPAX Traffistar S 350

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bedeutung des so. Schlosssymbols im Rahmen der Auswertung von Messdaten einer Geschwindigkeitsüberwachungsanlage.

 

Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

  • II.

    Die Sache wird durch den Linksunterzeichner dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

  • III.

    Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

A.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 5. Oktober 2018 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h eine Geldbuße in Höhe von 70 € verhängt.

Nach den Urteilsfeststellungen überschritt der Betroffene am 2. Dezember 2017 mit seinem PKW A auf der BAB 1 in Fahrtrichtung B in Höhe km 396,0 die dort gem. Verkehrszeichen 274 zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um (bereinigte) 24 km/h. Die Messung erfolgte mit dem Laserscanner-Geschwindigkeitsüberwachungsgerät TraffiStar S350 der Firma C.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Oktober 2018 hat der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Er macht geltend, das Amtsgericht habe einen Verfahrensfehler begangen, das rechtliche Gehör missachtet und zudem seine Aufklärungspflicht gröblich verletzt. Auf dem bei der Akte vorhandenen Messfoto fehle das sog. Schlosssymbol; dieses befinde sich bereits nicht auf der mittels der Auswertesoftware visualisierten Originalbilddatei. Anstatt dem nachzugehen, habe der Tatrichter ein Urteil gefällt, welches sich "auf bloßen Verdacht" gründe.

Der Senat hat zu der Frage der Bedeutung und Erforderlichkeit des Schlosssymbols dienstliche Stellungnahmen der Physikalisch-Technischen Bundeanstalt Braunschweig (PTB) vom 17. Januar und 5. März 2019 eingeholt. Der Verteidiger hat dazu mit Schriftsatz vom 7. Februar und 25. März 2019 jeweils Stellung genommen.

B.

I.

Die Sache war zugelassen und gemäß § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts geboten ist.

II.

Die nach Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde begegnet auch hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen im Übrigen keinen Bedenken. In der Sache erweist sie sich indessen als unbegründet.

Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Begründung des Rechtsmittels deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf. Einer näheren Erörterung im Rahmen der Sachrüge bedarf lediglich die von der Verteidigung aufgeworfene Frage des Fehlens des sog. Schlosssymbols. Die Ausführungen verhelfen der Rechtsbeschwerde indes nicht zum Erfolg.

1.

Das Geschwindigkeitsmesssystem TRAFFIPAX Traffistar S 350 ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung und auch vom Senat (vgl. zuletzt: SenE v. 21.11.2018 - III-1 RBs 383/18 -) als standardisiertes Verfahren anerkannt, was auch die Verteidigung im Grundsatz einräumt. Der standardisierte Ablauf bezieht sich - wie auch bei anderen Messsystemen - nicht nur auf den eigentlichen Messvorgang, sondern auch auf die die Auswertung der Messdaten. Erfasst wird auch der Ausdruck der zu den Akten zu nehmenden Beweisfotos, sofern sichergestellt ist, dass die Bedienungsanleitung des Herstellers durchgehend beachtet und die zur Auswertung genutzte Software entweder zertifiziert ist, jedenfalls aber bestimmten Anforderungen des Herstellers an die Funktionalität genügt. Das regelmäßige Fehlen des sog. Schlosssymbols auf dem ausgedruckten und bei den Akten befindlichen Messfoto begründet in diesem Zusammenhang keine Zweifel am Messergebnis, sofern im Einzelfall keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Authentizität und Integrität der Messdaten gefährdet ist. Im Einzelnen:

a)

Das Symbol hat keinerlei Bedeutung für den Messvorgang, es taucht erst auf bei der Auswertung der Daten mittels einer zugelassenen Referenzsoftware ("BiffProcess" bei TraffiStar S. 350) oder eines anderen, wesentliche vorgeschriebene Funktionalitäten enthaltenden Anwender-Auswerteprogramms und belegt für die mit der Auswertung befasste Person die Authentizität und Integrität der mittels des Systems ermittelten Messdaten (signierte Falldatei). Die PTB führt in ihrer Stellungnahme vom 17. Januar 2019 aus:

"Die signierten Falldateien gelten als unveränderliche Beweismittel. Diese können vom Überwachungsgerät abgerufen werden. Mit Hilfe des von der PTB geprüften Referenz-Auswerteprogramms (z.B. BiffProcess bei TraffiStar S350) können die Falldateien auf einem PC visualisiert werden. Bevor allerdings der Inhalt der Falldatei visualisiert wird, prüft das Referenz-Auswerteprogramm zusammen mit dem öffentlichen Schlüssel des Überwachungsgerätes, ob der in der digitalen Signatur verborgene Hashwert der Falldatei mit dem aktuell vom Referenz-Auswerteprogramm berechneten Hashwert der Falldatei übereinstimmt. Wenn diese Übereinstimmung gefunden werden kann, dann ist bewiesen, dass die Falldatei vom betrachteten Überwachungsg...

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