Entscheidungsstichwort (Thema)
Fotos zur Feststellung einer nachteiligen baulichen Veränderung - Veränderung der Konzeption eines Treppenhauses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Tatrichter kann auch ohne Durchführung eines Ortstermins die Feststellung, dass ein Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung darstelle, auf aussagekräftiges Fotomaterial stützen.
2. Ist bei einem größeren Gebäudekomplexes durch bauliche Maßnahmen in einem Treppenhaus die architektonische Konzeption verändert worden, spielt es keine Rolle, dass andere Treppenhäuser nicht in allen Details gleich gestaltet sind und dass dort die ursprüngliche Konzeption nicht mehr überall vorhanden ist.
3. Ein Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG kann auch darin liegen, dass infolge einer baulichen Veränderung (hier: Verlegung von Kabeln unter Putz statt vorher in einem Kabelkanal) im Falle einer Reparatur Mehrkosten entstehen können. Dies gilt auch dann, wenn der betreffende Eigentümer sich unter Verzicht auf die Vorauseinrede zur Zahlung der Mehrkosten verpflichtet hat.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 20.01.2005; Aktenzeichen 29 T 186/01) |
AG Köln (Aktenzeichen 204-II 114/00) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 20.1.2005 - 29 T 186/01 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die nach den §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat den Sachverhalt fehlerfrei festgestellt und ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass den Antragstellern der geltend gemachte Beseitigungsanspruch aus den §§ 1004, 823 BGB i.V.m. § 22 WEG zusteht.
Von Gesetzeswegen ist zunächst nicht zu beanstanden, dass das LG die von den Antragsgegnern vorgenommenen Veränderungen im Hausflur, und zwar im Eingangsbereich ihrer Wohnungseinheiten, als bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG bewertet, mit der Folge, dass grundsätzlich die - hier fehlende - Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich wäre. Dass die Entfernung der Kabelkanäle und der Kugelleuchten sowie die Anbringung einer abgehängten Decke und die Verlegung der Elektroleitungen unter Putz über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen, bedarf keiner näheren Darlegung und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
Die Zustimmung aller Wohnungseigentümer wäre nur dann entbehrlich, wenn sie durch die baulichen Maßnahmen keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil erleiden würden (§ 22 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG). Unter einem Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche konkrete und objektive Beeinträchtigung zu verstehen, wobei entscheidend ist, ob sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass auch eine optische Beeinträchtigung einen Abwehranspruch begründen kann. Ob eine solche gegeben ist, liegt weitgehend auf dem Gebiet tatrichterlicher Würdigung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden kann, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht. Dabei ist im Rahmen dieser Überprüfung zu berücksichtigen, dass es im Hinblick auf den Ausnahmecharakter des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG verfassungsrechtlich geboten ist, die Schwelle einer Beeinträchtigung der Rechte der Wohnungseigentümer durch eine bauliche Veränderung eines Wohnungseigentümers niedrig anzusetzen (BVerfG, Beschl. v. 22.12.2004 - 1 BvR 1806/04, NJW-RR 2005, 454).
Die Beschwerdeentscheidung weist keine Rechtsfehler auf.
Das LG hat aufgrund der vorgelegten Lichtbilder über die ausgeführten baulichen Veränderungen festgestellt, dass durch diese von den Antragsgegnern durchgeführten Maßnahmen der optische Gesamteindruck der Hausflure nachhaltig gestört, insb. in die architektonisch geplante einheitliche Gestaltung eingegriffen worden ist. Entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerde hat das LG nicht dadurch gegen § 12 FGG verstoßen, dass es keinen Augenschein eingenommen hat. Angesichts des aussagekräftigen in den Akten befindlichen Fotomaterials war die Durchführung eines Ortstermins nicht erforderlich. Aus der von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidung des Bayerischen OLG vom 7.10.1999 (BayObLG v. 7.10.1999 - 2 Z BR 82/99) ergibt sich nichts anderes; das Bayerische OLG hat es vielmehr in dieser Entscheidung - wie auch in anderen (BayObLG ZMR 2001, 176; Beschl. v. 28.7.2004 - 2 Z BR 090/04) - ausdrücklich gebilligt, dass das Beschwerdegericht seine Entscheidung zu dem behaupteten Nachteil einer baulichen Veränderung auf aussagekräftige Lichtbilder stützte. Die vorliegend bei den Akten befindliche...