Entscheidungsstichwort (Thema)
Urkundenprozess, Werklohnklage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Statthaftigkeit des Urkundesprozesses setzt zwar die Vorlage zumindest einer Urkunde voraus. An der Rechtsprechung, nach der im Übrigen aber auch im Urkundenprozess unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen eines Beweises nicht bedürfen, ist festzuhalten.
2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann der Werkunternehmer seinen Werklohnanspruch im Urkundenprozess geltend machen, soweit die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, nämlich die Beauftragung der Werkleistung, die Höhe des Werklohns und die Fälligkeit des Anspruches durch Urkunden belegt werden können oder zugestanden, unstreitig oder offenkundig sind. Dabei kann er sich auch auf die geprüfte Schlussrechnung stützen, soweit diese unstreitig bleibt.
Normenkette
ZPO §§ 592 ff.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 10.04.2014; Aktenzeichen 91 O 4/14) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Köln vom 10.4.2014 - 91 O 4/14 - durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Das LG hat der Klage zu Recht im Urkundenprozess nach §§ 592 ff. ZPO im zuerkannten Umfange durch Vorbehaltsurteil stattgegeben. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:
1. Der Beklagte wendet sich mit der Berufung im Ansatz dagegen, dass das LG in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertritt, im Urkundenprozess müssten lediglich in Bezug auf strittige anspruchsbegründende Tatsachen beigebracht werden. Dies entspreche zwar der Rechtsprechung des BGH, werde mittlerweile aber durch obergerichtliche Entscheidungen (OLG Schleswig NJW 2014, 945 = NZBau 2013, 764 mit Anm. Dötsch; zust. Leidig/Jöbges NJW 2014, 892; OLG München ZIP 2012, 178 = BeckRS 2012, 29041) infrage gestellt.
Nach der Rechtsprechung des BGH bedürfen auch im Urkundenprozess unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen eines Beweises durch Urkunden nicht (BGHZ 62, 286 = NJW 1974, 1199). Die Statthaftigkeit dieser Klageart setzt begriffsnotwendig zwar die Vorlage zumindest einer Urkunde voraus (BGHZ 62, 286, 299). Damit werden im Urkundenprozess sich auf die Klageforderung beziehende Urkunden bei Nichtbestreiten nicht schlechthin entbehrlich. Der Kläger erhält jedoch die Möglichkeit, Lücken in der Beweiswürdigung durch unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen zu schließen. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser seit Jahrzehnten gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der er ebenfalls gefolgt ist (etwa Beschl. v. 14.11.2012 - 11 U 120/12; v. 11.5.2014 - 11 W 16/14), abzuweichen (ebenso Dötsch, a.a.O.). Diese schon durch das Reichsgericht begründete Judikatur hat der Bundesgerichthof in seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1974 (BGHZ 62, 286) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung fortgeführt, nach der alle anspruchsbegründenden Tatsachen urkundlich belegt werden müssen. Zwar stößt dies bei Teilen des Schrifttums weiterhin auf Ablehnung oder Vorbehalte. Die Rechtsprechung hat sich ihr aber - soweit ersichtlich - einhellig angeschlossen (vgl. etwa die Nachweise bei OLG Schleswig und Leidig/Jöbges jew., a.a.O.; Musielak/Voit, ZPO, § 592 Rz. 11; Kratz in: BeckOK ZPO, Stand 15.3.2014, § 592 Rz. 24). Anhaltspunkte für eine Abkehr des BGH von seiner Grundsatzscheidung sind nicht ersichtlich. Auch Entscheidungen aus jüngster Zeit hat er die dort entwickelten Grundsätze zugrunde gelegt (BGHZ 173, 366, 369 = NJW 2008, 523; NJW 2009, 2886, 2887; unausgesprochen auch BGH NJW 2007, 1061). Die von der Berufung angeführte Entscheidung des OLG Schleswig enthält zudem keine neuen, gegen diese Rechtsprechung nicht bereits angeführten Argumente. Der Einwand, es sei schwierig abzugrenzen, wann eine bloße Lücke in der Beweisführung zu sehen ist, verfängt nicht (dazu zutreffend Dötsch, a.a.O., und Kratz in: BeckOK ZPO, Stand 15.3.2014, § 592 Rz. 24). Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich im Übrigen auch, wenn man verlangt, dass sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen urkundlich belegt werden. Sie können sich etwa bei der Frage stellen, ob ein Vertrag schon durch urkundlich belegte Erklärungen oder aber erst durch ein späteres, jedoch unstreitiges konkludentes Verhalten zustande gekommen ist. Die von der Berufung angeführte weitere Entschei...