Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 15 O 153/10)

 

Tenor

  • I.

    Mit gesondertem Beschluss vom 10.11.2011, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Berufung nach derzeitiger Beurteilung keinen Erfolg hat, soweit das Rechtsmittel die Abweisung der gegen die Beklagten zu 2) und 3) zum Gegenstand hat. Hierzu ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23.12.2011 gegeben worden.

  • II.

    Im Übrigen werden die Parteien auf folgendes hingewiesen:

    Soweit sich die Klagepartei gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage wendet, kann die Berufung teilweise Erfolg haben.

    • 1.

      Die Beklagte zu 1) hat ihre aus dem Beratungsverhältnis folgende Pflicht, diese über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären, verletzt.

      a)

      Die Auffassung der Beklagten zu 1), derartige Provisionen seien schon begrifflich nicht als Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs einzustufen, teilt der Senat nicht. Etwa gewährte Zahlungen waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den in Gestalt der Kosten der Eigenkapitalbeschaffung offen ausgewiesenen Vertriebskosten.

      b)

      Soweit sie erstmals im Berufungsrechtszug geltend macht (Bl. 716 GA), die Klagepartei sei von dem Zeugen Q darüber unterrichtet worden, dass sie, die Beklagte zu 1), an der Vermittlungstätigkeit "etwas" verdiene, ist ihr Vortrag nicht geeignet, die Verwirklichung einer Aufklärungspflichtverletzung zu entkräften, weil auch über die Höhe der an sie geflossenen Provision hätte aufgeklärt werden müssen.

      c)

      Der Ausweis der Eigenkapitalbeschaffungskosten ersetzt für sich genommen lediglich die gebotene Offenlegung der Vertriebskosten (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2004 - III ZR 359/02, NJW 2004, 1732-1734, zitiert nach [...], Rn. 26), gibt aber entgegen der Ansicht des OLG Bamberg (Urteil vom 20.10.2010 - 3 U 41/10, WM 2011, 112-114, zitiert nach [...], Rn. 39 ff) keinen Aufschluss über Existenz und Höhe von Rückvergütungen an Banken aus Anlass von Beratungs- und Vermittlungsleistungen. Dass gerade auch die Beklagte zu 1) für ihre Vermittlungsdienste vergütet wurde, lässt sich dem Anlageprospekt nicht hinreichend entnehmen.

    • 2.

      Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 29.06.2010 - XI ZR 308/09, NJW 2010, 2339-2341, zitiert nach [...], Rn. 5, 7, 8, 10) kann sich eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf Rückvergütungen hinweist, jedenfalls für die Zeit nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an.

    • 3.

      Für die Klagepartei streitet die Vermutung, dass sie sich - über Existenz und Höhe von Rückvergütungen zutreffend aufgeklärt - gegen eine Beteiligung entschieden hätte. Davon, dass sie sich bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gehabt hätte, sie also lediglich in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, kann der Senat nicht ausgehen. Mit der Erwägung, der Kunde werde zwischen den Rückvergütungskosten bzw. dem Grad des Interessenkonflikts der Bank und der zu erwartenden Rendite der Anlage abwägen und sich entsprechend für oder gegen die Anlage entscheiden, lässt sich die Folge der Aufklärungspflichtverletzung entgegen bisweilen im Schrifttum vertretener Auffassung (vgl. Buck-Heeb, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07, [...] PraxisReport) selbst dann nicht auf einen bloßen Entscheidungskonflikt reduzieren, wenn die Rückvergütung geringfügig ist. Sowenig von der Geringfügigkeit der Provisionen im Verhältnis zur Anlagesumme auf mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens geschlossen werden kann, sowenig gibt ein Vergleich zwischen der Höhe der Rückvergütungen und der Höhe der Margen für alternative Anlageprodukte Aufschluss über einen echten Entscheidungskonflikt. Allerdings fehlt die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlage, wenn die Beklagte zu 1), die sich insoweit auf Parteivernehmung beruft, beweist, dass die unterbliebene Aufklärung für die Anlageentscheidung nicht erheblich war. In diesem Zusammenhang kann gegebenenfalls von Bedeutung sein, ob die Klagepartei von dem Zeugen Q darüber unterrichtet worden ist, dass die Beklagte zu 1) an der Vermittlungstätigkeit "etwas" verdient.

    • 4.

      Auch die Frage, ob der von der Klagepartei verfolgte Schadensersatzanspruch aus Beratungsverschulden verjährt ist, lässt sich ohne Sachaufklärung durch den Senat nicht beantworten. Wenn der Zeuge Q, wie unter Berufung auf dessen Zeugnis und die Vernehmung der Klagepartei als Partei behauptet wird (Bl. 716 GA), die Klagepartei in den Beratungsgesprächen darüber aufgeklärt hat, dass die Beklagte zu 1) "etwas" an der Vermittlung "verdiene", hätte die Klagepartei bereits vor Zeichnung Kenntnis davon gehabt, dass der zum Z...

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