Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit Privatgutachten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat bleibt bei seiner Meinung, dass es sich bei den Kosten für ein nicht von der Partei selbst, sondern von deren nicht am Prozess beteiligter Versicherung eingeholtes Privatgutachten nicht um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO handelt. Grundlegende Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens im Rahmen eines Rechtsstreits ist nach Auffassung des Senats, dass die Kosten der Partei selbst und nicht einem an dem Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten entstanden sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um die Haftpflichtversicherung der Partei handelt.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 104

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 09.06.2015; Aktenzeichen 9 O 339/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 25.10.2016; Aktenzeichen VI ZB 8/16)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 9. Zivilkammer des LG Bonn vom 9.6.2015 - 9 O 339/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.350,73 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hatte den Beklagten wegen eines Ende 2001 vorgefallenen zahnärztlichen Behandlungsfehlers (vorübergehende Lähmung und kurzzeitige Erblindung auf dem linken Auge im Zuge einer Leitungsanästhesie) bereits 2004 auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen. Während das LG Bonn - 9 O 271/04 - die Klage nach Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens von Dr. C. abgewiesen hatte, hatte das OLG Köln - 5 U 55/05 - den Beklagten im Sommer 2006 zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3.750 EUR nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung durch den Beklagten entstanden sind oder noch entstehen werden. Dabei hatte sich der Senat auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. gestützt.

Im August 2007 hat die Klägerin wegen Dauerschmerzen im Gesicht beim LG Bonn - 9 OH 13/07 - ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. In diesem Verfahren hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. J. im Februar 2009 ein mund-, kiefer- und gesichtschirurgisches Gutachten erstattet.

Im September 2009 hat die Klägerin im hiesigen Prozess den Beklagten auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von mindestens 25.000 EUR und Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden u.a.) in Höhe von fast 73.500 EUR in Anspruch genommen. Das LG Bonn - 9 O 339/09 - hat die Klage nach ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. J. und dessen Anhörung mit Urteil vom 19.4.2010 (145 - 150 GA) wegen nicht nachgewiesener Kausalität abgewiesen.

In dem dagegen von der Klägerin geführten Berufungsverfahren, in dem diese u.a. auf (vermeintliche) Widersprüche zwischen den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. H. und Prof. Dr. Dr. J. hinwies, hat der Beklagte sich u.a. auf 4 von seiner Berufs-Haftpflichtversicherung eingeholte neurologische Gutachten von Prof. Dr. M.-V. gestützt. Die Gutachten vom 10.4.2011 (238 - 291 GA), 31.5.2012 (400 - 443 GA), 19.2.2013 (492 - 509 GA) und 21.8.2013 (557 - 578 GA) wurden jeweils zur Gerichtsakte eingereicht. Der zuständige Senat - 5 U 66/10 - hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen Gutachtens von Prof. Dr. F. vom 22.3.2011 (340 - 382 GA) und eines Ergänzungsgutachtens vom 13.12.2013 (462 - 481 GA) sowie mündliche Erläuterung des bereits an den beiden schriftlichen Gutachten beteiligten Sachverständigen Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung vom 31.7.2013 (529 - 538 GA). In diesem Termin ist auch der von der Versicherung beauftragte (Privat-)Sachverständige Prof. Dr. M.-V. anwesend gewesen, der Fragen gestellt und Ausführungen gemacht hat.

Im Anschluss an diesen Termin hat der Senat mit Beschluss vom 18.9.2013 (581 GA) einen rechtlichen Hinweis erteilt (veränderte Beurteilung der Sach- und Rechtslage) und nach mündlicher Verhandlung vom 4.12.2013 (635 GA) die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückgewiesen. In der Begründung hat sich der Senat mit den Gutachten und Ausführungen von Prof. Dr. T., Prof. Dr. Dr. J., Prof. Dr. F. und Prof. Dr. M.-V. sowie den im Vorprozess tätigen Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. H. auseinandergesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13.1.2014 (641 - 653 GA) Bezug genommen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH - VI ZR 46/14 - mit Beschluss vom 17.3.2015 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat mit seinem Antrag vom 30.3.2015 (687 f. GA) - neben den seinen Prozessbevollmächtigten entstandenen Rechtsanwaltsgebühren - u.a. Kosten des von seiner Berufs-Haftpflichtversicherung beauftr...

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