Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 13.02.2012; Aktenzeichen 5 OH 7/11) |
Tenor
wird die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 13.2.2012 - 5 OH 7/11 - kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch der Antragsgegnerin gegen Prof. Dr. X nach Maßgabe der einschlägigen rechtlichen Grundsätze zu Recht zurückgewiesen. Vom Standpunkt einer vernünftig denkenden Partei sind keine hinreichenden objektiven Gründe ersichtlich, die Anlass zu der Befürchtung geben, der Sachverständige werde sein Gutachten nicht unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen.
Hervorzuheben ist folgendes:
Die Auswahl von Prof. Dr. X als Sachverständiger beruht auf seiner augenscheinlich nicht nur spezifischen, sondern auch herausragenden, für die Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Fragestellungen erforderlichen Sachkunde und Erfahrung. Dass ein Experte etwa eines Auktionshauses oder einer Versicherung, wie die Antragsgegnerin meint, ebenso gut das geforderte Gutachten erstatten könnte, erschließt sich dem Senat angesichts der besonderen fachlichen Problematik der zu beantwortenden Beweisfragen nicht.
Abgesehen davon vermag der Senat auch für die von der Antragsgegnerin wiederholt angeführte Gefahr der "sublimen Formen der Rücksichtnahme" keine Anhaltspunkte zu erkennen. Soweit insoweit auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte München (B. v. 21.6.2001 - 1 W 1161/01 -) und Naumburg (B. v. 13.11.2009 - 10 W 64/09 -) rekurriert wird, lagen den dort entschiedenen Fällen gänzlich andere Sachverhalte zugrunde, nämlich die vorliegend unzweifelhaft nicht gegebene besondere Verbundenheit des jeweiligen Sachverständigen mit der ablehnenden Partei durch ein Dienstverhältnis. Dagegen lässt nicht jeder geschäftliche oder persönliche Kontakt zu einer Partei bereits befürchten, dass ein Sachverständiger einen gerichtlichen Gutachterauftrag nicht objektiv und unvoreingenommen bearbeitet. Geschäftliche bzw. wirtschaftliche Aspekte spielen vorliegend ohnehin keine Rolle. Indes vermag auch die von dem Gedanken der akademischen und wissenschaftlichen Solidarität getragene Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen des weithin als katastrophenartig empfundenen Einsturzes des historischen Stadtarchivs durch das Bundesarchiv, dessen Präsident der Sachverständige seinerzeit war, die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Die Hilfsaktion des Bundesarchivs stellte eine Sofortmaßnahme des Bundes zur Schadensbegrenzung dar, wobei das Bundesarchiv bei der Hilfeleistung nur eine von zahlreichen Einrichtungen des In- und Auslandes gewesen ist. Insbesondere ist der Umstand, dass Prof. Dr. X als damaliger Präsident des Amtes und zudem ausgewiesener Fachmann an einem Pressetermin mit der Leiterin des L Stadtarchivs sowie an einer Expertenanhörung zum Thema "Der L Archiveinsturz und seine Konsequenezen" teilgenommen hat, nicht geeignet, eine die nötige Unvoreingenommenheit zweifelhaft erscheinende enge und intensive Verbindung anzunehmen. Dass sich Experten auf einem Fachgebiet begegnen, etwa in gemeinsamen fachlichen Arbeitsgemeinschaften wissenschaftlich austauschen oder bei einem größeren Forschungsprojekt mitarbeiten, ist nicht zu beanstanden. Aus solchen, im Interesse der Sache liegenden Aktivitäten lässt sich ein genereller Schluss auf eine persönliche Nähe, die einer unbefangenen Begutachtung entgegenstehen könnte, nicht ziehen (vgl. OLG München, B. v. 27.10.2006 - 1 W 2277/06 -; OLG Naumburg aaO, Rz. 17). Gleichermaßen gilt dies für die vorliegende Situation, in der sich angesichts des nicht alltäglichen Schadensereignisses auch in die Zukunft wirkende Probleme und Herausforderungen stellten, deren Bewältigung im Interesse der Erhaltung historisch wertvollen Archivguts besondere Anstrengungen und den Schulterschluss der Fachwelt erforderten. Dies rechtfertigt aus Sicht einer besonnenen Partei aber nicht die Annahme eines besonderen Näheverhältnisses, gar einer "Lagerstellung" des betreffenden Sachverständigen.
Soweit die Antragsgegnerin meint, der Sachverständige müsse im Rahmen seiner Begutachtung die von ihm im Bundesarchiv verantworteten Maßnahmen beurteilen, weil dem Fachbeirat der Antragstellerin zu 2) auch ein Referatsleiter aus dem Bundesarchiv angehört und dieser Fachbeirat den Grundworkflow für die Trockenreinigung erarbeitet habe (Bl. 316 GA), vermag sie damit vor dem Hintergrund, dass der Grundworkflow von den Mitarbeitern des Historischen Archivs erstellt worden ist - so die eidesstattliche Versicherung der Leiterin des Stadtarchive (Bl. 360 ff GA) - nicht durchzudringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 100.000,00 €.
Fundstellen
BauSV 2014, 62 |
KfZ-SV 2014, 24 |