Tenor
I.
Die Rechtsbeschwerde wird wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zugelassen.
II.
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Siegburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Den bisherigen Verfahrensgang hat die Generalstaatsanwaltschaft mit Vorlageverfügung vom 21. April 2023 wie folgt zusammengefasst:
"Mit Bußgeldbescheid vom 17.10.2022 hat der Landrat des T. gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften gemäß § 3 Abs. 3, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; 11.3.4 BKat ein Bußgeld in Höhe von 115,-Euro verhängt (Bl. 54 f. d. A.).
Mit Urteil vom 09.01.2023 (211 OWi 435 Js 2813/22-130/22) ist der Betroffene auf seinen Einspruch hin durch das Amtsgericht Siegburg gemäß § 3 Abs. 3, § 49 StVO, 24 StVG wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 125,-Euro verurteilt worden (Bl. 106, 112 f. d. A.).
Gegen dieses in der Hauptverhandlung in Abwesenheit des von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbundenen Betroffenen (Bl. 102 d. A.) verkündete Urteil hat der Betroffene mit anwaltlichem Schreiben vom 09.01.2023, eingegangen bei dem Amtsgericht am selben Tag, Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt (Bl. 108 f. d. A.).
Nach Zustellung des Urteils an den Betroffenen am 23.01.2023 (Bl. 114, 180 d. A. [Foliierungsfehler nach Bl. 119 d. A.]) und an Rechtsanwalt L., Y.-straße, K., am 24.01.2023 (Bl. 114, 119 d. A.) hat der Betroffene mit anwaltlichem Schreiben vom 19.02.2023, eingegangen bei dem Amtsgericht am 21.02.2023, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde begründet (Bl. 184 ff. d. A.)."
Darauf nimmt der Senat Bezug.
Die Generalstaatanwaltschaft hat die Verwerfung des Zulassungsantrags beantragt.
II.
Der in formeller Hinsicht unbedenkliche Zulassungsantrag führt in der Sache mit der ordnungsgemäß erhobenen Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 80 As. 1 Ziff. 2 OWiG) zum Erfolg.
1.
a)
Ihr liegt das folgende Verfahrensgeschehen zu Grunde:
Im Termin zur Hauptverhandlung vom 9. Januar 2023 hat der Verteidiger des Betroffenen den nachfolgenden Antrag gestellt:
"Der im Lichtbild eingeblendete Abstand der von der Messsonde gemessenen 4,6 m ist nicht plausibel, da aufgrund der Position des Fahrzeuges der Abstand höchstens 4,3 m betragen haben kann und insofern der Verdacht besteht, dass nicht das Fahrzeug des Betroffenen sondern dass vor dem Betroffenen fahrende Fahrzeug gemessen worden ist. Zum Beweis hierfür beantrage ich die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens."
Zur Erläuterung hat er ausgeführt, dass ausweislich des Messprotokolls der Abstand der Messsonde vom Fahrbahnrand 290 cm und die Fahrbahnbreite 636 cm betrugen. Da der Betroffene auf der zur Messsonde nächstgelegenen Fahrbahnhälfte gefahren sei, sei die Fahrbahnbreite von 636 cm zu halbieren. Daraus ergebe sich ein Wert von 318 cm. Ziehe man die Breite des Pkw mit geschätzten 170 cm sowie den Abstand des Pkw von der Mittellinie mit geschätzten 10 cm ab, so ergebe sich ein Abstand vom Fahrbahnrand von 138 cm (318 cm -170 cm -10 cm). Addiere man nun den im Messprotokoll protokollierten Abstand der Messsonde vom Fahrbahnrand mit 290 cm hinzu, so ergebe sich ein Abstand der Messsonde zum gemessenen Fahrzeug des Betroffenen von 428 cm (4,28 m). Aus der Datenzeile im Messfoto ergebe sich demgegenüber ein Abstand von 4,6 m, was nicht plausibel sei.
Das Amtsgericht hat den Antrag mit folgendem Beschluss zurückgewiesen:
"Der Beweisantrag wird gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgewiesen. Vorliegend handelt es sich um ein zugelassenes standardisiertes PTB-Messverfahren, sodass eine Überprüfung durch den Sachverständigen nicht erforderlich ist."
b)
Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde genügen den Darlegungsanforderungen der §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO.
Soweit mit dem Antrag lediglich ein "Verdacht" geäußert und also - ersichtlich mangels entsprechender Kenntnis - nicht eine Beweistatsache konkret behauptet wird, vermag dies nichts daran zu ändern, dass es sich um einen echten Antrag (und nicht nur um eine unverbindliche Anregung) handelt,mit dem der Antragsteller einen Anspruch auf antragsgemäße Sachverhaltsaufklärung geltend macht und diese in eine bestimmte Richtung zu lenken beabsichtigt (MüKo-StPO-Trüg/Habetha, § 244 Rz. 171). Maßstab für die Behandlung des Antrags ist die Amtsaufklärungspflicht.
Die Rechtsbeschwerdebegründung verhält sich auch zum Stand der Beweisaufnahme im Übrigen sowie zu einem für den Betroffenen günstigen Ergebnis des Beweisbegehrens (zu den Darlegungsanforderungen vgl. Senat NStZ 2021, 125). Da - wie zu zeigen sein wird - der Betroffene konkrete Einwendungen gegen das Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens erhoben hat, musste sich das Tatgericht zu der begehrten Beweiserhebung auch gedrängt sehen (dazu vgl. SenE v. 18.12.2013 - III-1 RBs 304...