Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftpflichtversicherung, Privatgutachterkosten

 

Leitsatz (amtlich)

Kosten, die alleine der hinter einer Partei stehenden, jedoch am Rechtsstreit nicht beteiligten Privathaftpflichtversicherung entstanden sind, kann die Partei nicht im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattet verlangen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 05.02.2014; Aktenzeichen 22 O 457/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren:

449,69 EUR (30 % von 1.498,98 EUR).

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Zwischen dem Kläger als Motorradfahrer und der Beklagten als Radfahrerin kam es zu einem Verkehrsunfall. Das LG holte ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten ein. Hieraufhin beauftragte die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung, die nicht am Rechtstreit beteiligt ist, einen Privatgutachter mit der Erstattung eines Gutachtens. Es kam zu einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits. Danach sind die Kosten zu 30 % vom Kläger und zu 70 % von der Beklagten zu tragen.

Zur Festsetzung angemeldet hat die Beklagte u.a. 1.498,38 EUR, die ihre Haftpflichtversicherung an den Privatgutachter gezahlt hat. Sie ist der Ansicht, diese seien als notwendig und prozessbezogen i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO einzustufen. Der Erstattung stehe nicht entgegen, dass nicht sie, sondern ihre Haftpflichtversicherung das Gutachten eingeholt und bezahlt habe. Denn diese habe letztlich dem Kläger den Schadensbetrag ohnehin zu erstatten. Zu verweisen sei auch darauf, dass ihre Haftpflichtversicherung nach § 101 VVG i.V.m. § 5 Nr. 4 AHB verpflichtet sei, sie von Ansprüchen Dritter freizustellen. Außerdem habe sie dieser die Prozessführung zu überlassen. Falls sie mit dem Auto anstatt mit dem Fahrrad unterwegs gewesen wäre, hätte ihre Haftpflichtversicherung wegen der Geltung des Pflichtversicherungsgesetzes in diesem Fall Partei werden können. Es könne deshalb im Rahmen der Erstattung keinen Unterschied machen, ob ein Fall der Pflichtversicherung vorliege oder nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, die für das Privatgutachten entstandenen Kosten seien im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig, da sie nicht der am zugrunde liegenden Rechtsstreit beteiligten Partei entstanden seien.

Dieser Ansicht hat sich die Rechtspflegerin angeschlossen. Dem Rechtsmittel der Beklagten hat sie nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg.

Zu Recht hat die Rechtspflegerin die Kosten für das während des laufenden Rechtstreits von der hinter der Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung eingeholte und bezahlte Privatgutachten bei der Kostenfestsetzung außer Acht gelassen. Diese Kosten sind keine solchen des vorliegenden Rechtsstreits und von daher nicht erstattungsfähig.

1. Diese Frage wird allerdings nicht einheitlich beantwortet. Nach weitaus überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (OLG Braunschweig VersR 1963, 393; OLG Düsseldorf VersR 1973, 863; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2002, 230; OLG Koblenz RP 1992, 129; OLG München JB 1987, 427; OLG Stuttgart JB 1985, 122; LG Hamburg NJW 1991, 3156; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 91 Rz. 269; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., B 307; Feller, in: Göttlich/Mümmler/Bestelmeyer/Feller/Frankenberg/ Hellstab/Jungbauer/Rehberg/Schons/Vogt, RVG, 5. Aufl., Privatgutachten, Ziff. 2.2.3; Littbarski, AHB, § 5 Rz. 93; Schulz MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 104 Rz. 26; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rz. 16; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 91 Rz. 15; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rz. 13 "Versicherungsgesellschaft") hängt die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten oder etwa Detektivkosten nicht davon ab, dass diese einer Prozesspartei in eigener Person entstanden sind. Dies wird für den Fall vertreten, dass die hinter dieser, am Prozess nicht selbst beteiligte Privathaftpflichtversicherung das Privatgutachten einholt und auch bezahlt. Trotzdem sollen diese Kosten von dem Versicherungsnehmer als Prozesspartei anlässlich der Kostenerstattung oder -ausgleichung geltend gemacht werden können.

Zur Begründung wird zum einen angeführt, dem Prozessgegner könne es nicht zum Vorteil gereichen, dass die am Prozess nicht beteiligte Versicherung Aufwendungen habe, die, falls sie Prozesspartei wäre, vom Prozessgegner zu erstatten wären. Des Weiteren wird auf § 5 Nr. 4 AHB = 25.5 AHB 2007 verwiesen (so etwa: OLG Koblenz, a.a.O.). Nach dieser Vorschrift habe der Versicherungsnehmer seiner Privathaftpflichtversicherung die Führung des Prozesses zu überlassen. So beauftrage die Versicherung im Namen ihres Versicherungsnehmers den Rechtsanwalt, dem jener...

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