Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 10.07.1991; Aktenzeichen 25 O 194/91)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Das Landgericht hat dem Antragsteller mit Recht Prozeßkostenhilfe verweigert, soweit dieser ein Schmerzensgeld von mehr als 25.000,00 DM geltend macht; die beabsichtigte Klage bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Bemessungsgrundlagen für das Schmerzensgeld sind Ausmaß und Schwere der physischen und psychischen Störungen, das Maß der Lebensbeeinträchtigung, Größe, Dauer und Heftigkeit der Schmerzen, die Dauer einer etwaigen stationären Behandlung und einer Trennung von der Familie, der Grad des Verschuldens, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Verletzten und des Schädigers sowie die sonstigen Umstände des Falles. Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die vom Antragsteller dargelegten Umstände kein den Betrag von 25.000,00 DM übersteigendes Schmerzensgeld.

Folge des den Antragsgegnern angelasteten Behandlungsfehlers ist eine Lähmung des Peronaeusnerven am rechten Wadenbein. Deren wesentliche Auswirkung besteht darin, daß sich der Antragsteller wegen der Fußheberschwäche im sogenannten Stepperschritt fortbewegen muß. Die Bewegungsfreiheit des Antragstellers wird dadurch voraussichtlich auf Dauer eingeschränkt sein. Seinen Angaben nach hat der Antragsteller auch unter starken Schmerzen in Fuß und Unterschenkel, die die Einnahme von Medikamenten notwendig machen, unter Sensibilitätsstörungen im Bereich des rechten Beins sowie unter depressiven Verstimmungen infolge seiner Behinderung zu leiden. Mit einem Schmerzensgeld von 25.000,00 DM sind diese Beeinträchtigungen jedoch ausgeglichen.

Daß die Antragsgegner einen Behandlungsfehler in Abrede stellen, führt nicht zur Erhöhung des Schmerzensgeldes. Nur eine grundlose Verzögerung der Schadensregulierung oder uneinsichtiges Verhalten, das eine unnötig lange Prozeßdauer auslöst und eine Verschlimmerung des Leidens zur Folge hat, kommen als Erhöhungsgründe in Betracht. Um solche Gründe handelt es sich hier nicht. Es gereicht den Antragsgegnern nicht zum Nachteil, den in dem vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Privatgutachten gezogenen Schlußfolgerungen widersprochen zu haben.

Für ein schweres Verschulden der Antragsgegner zu 2) und 3), welches gleichfalls schmerzensgelderhöhend wirken könnte, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.

Der Schmerzensgeldbetrag von 25.000,00 DM bewegt sich auch nicht außerhalb des Rahmens, den andere Gerichte in vergleichbaren Fällen abgesteckt haben. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Urteil vom 28.09.1989 (veröffentlicht in VersR 1990, 433) der Geschädigten wegen einer Lähmung des Peronaeusnerven ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 DM zuerkannt, wobei zwei durch den - groben - Behandlungsfehler notwendig gewordene Operationen und die Mitverursachung der Berufsaufgabe berücksichtigt worden sind.

Der vom Oberlandesgericht Hamm entschiedene Fall (abgedruckt in ZfS 1982, 67) ist dagegen wesentlich anders gelagert, weil - abgesehen von einer sehr umfangreichen und schmerzhaften Nachoperation - es sich dort um eine 24jährige unverheiratete Frau gehandelt hat, die überdies mit zunehmenden Beschwerden im Alter rechnen mußte. Mit dieser Fallgestaltung ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Die besonders schweren Folgen einer dauerhaften Gehbehinderung, unter denen ein junger Mensch Zeit seines Lebens zu leiden hat, dürfen bei der Schmerzensgeldbemessung nicht außer acht bleiben. Diese Erwägung bedeutet keineswegs eine Verharmlosung derjenigen Belastungen, die eine Körperbehinderung für den älteren Menschen mit sich bringt. Daß sich die Folgen einer Verletzung beim alten Menschen schwerwiegend auswirken können, weil das fortgeschrittene Lebensalter den Heilungsablauf erschwert und sich ein jüngerer Mensch eher an neue Gegebenheiten anpaßt als ein älterer, steht außer Frage. Mit Recht hat das Landgericht jedoch berücksichtigt, daß der Körperschaden eines jungen Menschen auf dessen gesamte Lebensplanung einschließlich seiner beruflichen und familiären Zukunft einen Einfluß ausüben kann, dem sich ein älterer Mensch nicht ausgesetzt sieht. Auf den Antragsteller als 64 Jahre alten, verheirateten Rentner wirkt sich die - wenn auch zweifellos belastende - Gehbehinderung aber weder beruflich noch familiär aus. Aus diesem Grund scheidet auch eine Gleichsetzung mit dem vom Oberlandesgericht Koblenz entschiedenen Fall (VersR 1989, 629) aus, in welchem die Folgen der Peronaeuslähmung bei einer 19jährigen Frau zu beurteilen und die darin liegenden erschwerenden Umstände zu berücksichtigen waren, daß der Schaden bei einem rechtswidrigen operativen Eingriff entstanden war, der Arzt sowohl bei der Operation als auch bei der Nachbehandlung Fehler begangen hatte und sich die Geschädigte zwei Folgeoperationen hatte unterziehen müssen. Solche ...

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