Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht. Bevollmächtigung. Mahnverfahren
Leitsatz (amtlich)
Legt ein Laie „i.A.” des abwesenden Schuldners Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ein, so versichert er damit zugleich, zur Einlegung des Einspruchs bevollmächtigt zu sein, § 703 S.2 ZPO.
Normenkette
ZPO § 341 Abs. 2, §§ 700, 703 S. 2, § 703c
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 09.10.1991; Aktenzeichen 21 0 346/91) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Oktober 1991 – 21 0 346/91 – aufgehoben.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Einspruch vom 08.08.1991 gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Kerpen vom 30.07.1991 als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete gemäß §§ 700, 341 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Der Einspruch ist von der Angestellten Frau Duhm für den zur damaligen Zeit im Ausland befindlichen Beklagten eingelegt worden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt durch die Unterzeichnung „i.A.” hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß die Unterzeichnerin darlegen wollte, vom Beklagten zur Einspruchseinlegung bevollmächtigt zu sein. § 703 Satz 2 ZPO verlangt die Versicherung der ordnungsmäßigen Bevollmächtigung. Damit ist zunächst nicht etwa eine eidesstattliche Versicherung gemeint. Da es für den Einspruch einen Vordruck nach § 703 c Abs. 1 ZPO bisher nicht gibt, ist insoweit auch keine Formvorschrift verletzt worden.
Nach Auffassung des Senats wird man der Erklärung eines Laien, wie sie die Angestellte des Beklagten hier abgegeben hat, nur gerecht, wenn man sie lebensnah und nicht nur vom Wortlaut des Gesetzes her auslegt. Gibt aber ein Laie an, im Auftrag eines anderen zu handeln, dann liegt darin die Behauptung, dies nach Absprache in dessen Vollmacht zu tun. Solange es für den Einspruch einen Vordruck nach § 703 c Abs. 1 ZPO noch nicht gibt, würde es die an einen Laien zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn man von ihm die Ausdrucksweise des Gesetzes verlangen wollte. Auch eine scharfe Unterscheidung zwischen „i.V.” und „i.A.” wird erfahrungsgemäß nicht immer gemacht und führt deshalb jedenfalls bei Beantwortung der Frage, was die Angestellte des Beklagten sagen wollte, letztlich nicht weiter.
Auch die vom Kläger zitierte Rechtsprechung steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Es mag zutreffen, daß ein Rechtsanwalt, der für einen anderen Rechtsanwalt eine Rechtsmittelschrift „i.A.” unterzeichnet, damit nicht die vom Bundesgerichtshof geforderte eigene Verantwortung übernimmt, sondern nur dem Gericht gegenüber als Erklärungsbote auftritt, der die Erklärung des Verfassers der Rechtsmittelbegründung weitergibt (so BGH NJW 1988, 210). Im vorliegenden Fall ist die Sachlage jedoch anders. Hier hat nämlich erkennbar die Angestellte Frau Duhm in Abwesenheit des Beklagten eine eigene Erklärung im Auftrag abgegeben; sie hat nicht nur eine fremde Erklärung, nämlich diejenige des Beklagten, weitergegeben. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Einspruchsschreiben eindeutig, auch wenn dieses im Briefkopf den Beklagten nennt. Wenn es nämlich heißt, daß „ich hiermit Einspruch” einlege, und dies damit begründet wird, daß der Beklagte sich in Griechenland aufhalte, dann handelt es sich eindeutig um eine Erklärung der Frau Duhm. Wird diese eigene Erklärung im Auftrag des Beklagten abgegeben, dann heißt dies, daß sie in dessen Vollmacht abgegeben wird. Die bloße Weitergabe der Erklärung eines Dritten, die der Bundesgerichtshof für nicht ausreichend gehalten hat, liegt in einem solchen Fall nicht vor. Dies gilt umsomehr, als es nicht um Ausführungen zur Begründung des Einspruchs ging, sondern lediglich Einspruch ohne weitere Ausführungen eingelegt wurde, um den Vollstreckungsbefehl nicht rechtskräftig werden zu lassen. Bedenken, ob die Angestellte des Beklagten berechtigt gewesen sei, eigenverantwortlich Ausführungen zur Sache zu machen, können deshalb hier nicht durchgreifen.
Die vom Kläger im übrigen noch genannten Entscheidungen BGHZ 37, 156 und 92, 76 betreffen andere Sachverhalte. In beiden Fällen ging es nicht um eine für einen anderen abgegebene Erklärung wie hier, sondern darum, ob der jeweils handelnde Anwalt die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt der Erklärungen durch Unterzeichnung übernommen hatte oder nicht.
Da der Einspruch auch rechtzeitig war, durfte das Landgericht ihn unter diesen Umständen nicht als unzulässig verwerfen. Der angefochtene Beschluß war deshalb aufzuheben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird das Landgericht auch die vom Beklagten erhobene Zuständigkeitsrüge zu beachten haben.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, weil mit der Zulässigkeit des Einspruchs über seinen Erfolg in der Sache noch nichts gesagt ist. Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist deshalb zusammen mit der Kostenentscheidung in der Hauptsache zu entscheiden.
Beschwerdewert: 8.000,00 DM
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