Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht - Kein Anspruch auf Installierung eines Wechselmodells
Leitsatz (amtlich)
Das Umgangsrecht soll dem Kind ermöglichen, die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil aufrechtzuerhalten sowie sie durch Begegnungen und gegenseitige Aussprache zu pflegen. Denn es ist für eine gedeihliche seelische Entwicklung des Kindes bedeutsam, nicht nur einen sorgenden Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen Elternteil als Bezugsperson zu erleben und nicht faktisch zu verlieren (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 5. Aufl. 2010, § 1684 Rz. 3).
Allerdings dient das Umgangsrecht nicht dazu, eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes, etwa in Form eines Wechselmodells, sicherzustellen. Daher setzt das Bedürfnis des Kindes nach einem auch räumlich sicheren Lebensmittelpunkt dem Umgangsrecht Grenzen (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Bearbeitung 2006, § 1684 Rz. 189; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1352 bis 1355; FamRZ 2003, 111).
Normenkette
BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 26.09.2011; Aktenzeichen 38 F 181/11) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 26.9.2011 - 38 F 181/11 -, mit welchem u.a. der Umgang des Kindesvaters mit K. dahin geregelt worden ist, dass ab dem Monat Dezember 2011 der Umgang zwischen Kindesvater und K. alle zwei Wochen von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr stattfindet, wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird mangels der gem. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO entsprechend erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht zurückgewiesen.
Gründe
1. Die gem. §§ 58, 59, 61, 63, 64, 111 Nr. 2, 151 Nr. 2 FamFG zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Beschwerde der Kindesmutter hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Kindesvater das Umgangsrecht bezüglich des Kindes K. ab Dezember 2011 alle zwei Wochen von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr eingeräumt. Wegen der näheren Ausgestaltung dieses Umgangsrechtes ist in Ziff. III des angefochtenen Beschlusses geregelt, dass der Kindesvater K. zu Beginn der festgesetzten Zeit an der Wohnung der Mutter abzuholen und sie dort zum Ende der festgesetzten Zeit wieder zu übergeben hat.
Die Kindesmutter hat die familiengerichtliche Entscheidung zum Umgangsrecht nur hinsichtlich ihrer Tochter K. angegriffen. Sie akzeptiert bezüglich des gemeinsamen Sohnes U. die vom Familiengericht getroffene Entscheidung.
Zur Überzeugung des Senates ist aber auch die Umgangsrechtsregelung bezüglich K. gem. §§ 1684 Abs. 3, 1697a BGB zutreffend, nachdem sich die Kindeseltern über den Umfang des Umgangs nicht hatten einigen können. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Begebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten entsprechen die getroffenen Regelungen dem Wohl von K. am besten.
Das Umgangsrecht eines Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1078 [1079]; BVerfGE 31, 194, 206 f.; 64, 180, 187 f.). Können sich Eltern über die Ausübung des Umgangsrechtes nicht einigen, haben die Richter eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Gerichte müssen sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (vgl. BVerfG FamRZ 1993, 662, 663; FamRZ 2002, 809; FamRZ 2004, 1166, 1167).
Zur Sicherung des Grundrechtsschutzes aller Beteiligten sind stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen und gegebenenfalls weiter aufzuklären, um eine möglichst sichere Grundlage für eine Kindeswohlentscheidung zu erhalten. Dabei sind die Interessen der Eltern sowie deren Einstellung und Persönlichkeit zu würdigen, und es ist auf die Belange des Kindes einzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1078 [1079]; BVerfGE 31, 194, 210). Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit dieses altersbedingt in der Lage ist, diesen konkret zu äußern und dieser mit seinem Wohl vereinbar ist.
Allein auf K. s geringes Alter - sie ist mittlerweile 3 ¼ Jahre alt - kann die von der Kindesmutter begehrte Ablehnung von Übernachtungskontakten nicht gestützt werden. Denn ein Ausschluss von Übernachtungsumgängen etwa bis zur Einschulung des Kindes würde den Kindesvater in seinem Elternrecht gravierend bes...