Leitsatz
Das Familiengericht hatte dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit der 3 1/4 Jahre alten Tochter der Beteiligten ab Dezember 2011 alle zwei Wochen von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr eingeräumt. Ebenso wurde sein Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Sohn der Beteiligten geregelt.
Die Kindesmutter richtete sich mit der Beschwerde lediglich gegen die familiengerichtliche Entscheidung zum Umgangsrecht des Vaters mit der Tochter. Das ihm mit dem Sohn eingeräumte Umgangsrecht wurde von ihr akzeptiert.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Hinsichtlich des Umgangsrechts des Kindesvaters mit der Tochter folgte das OLG der erstinstanzlichen Entscheidung. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Begebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten entspreche die getroffene Regelung dem Wohl der Tochter am besten.
In seiner weiteren Begründung bezog sich das OLG auf die Rechtsprechung des BVerfG, wonach das Umgangsrecht eines Elternteils ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG stehe. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssten von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhalte, müsse demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang mit dem anderen Elternteil ermöglichen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1078 [1079]; BVerfGE 31, 194, 206 f.; 64, 180, 187 f.).
Könnten sich Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, hätten die Richter eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigten. Die Gerichte müssten sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (vgl. BVerfG FamRZ 1993, 662, 663; FamRZ 2002, 809; FamRZ 2004, 1166, 1167).
Zur Sicherung des Grundrechtsschutzes aller Beteiligten seien stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das Gericht müsse alle wichtigen Umstände aufklären, um eine möglichst sichere Grundlage für eine Kindeswohlentscheidung zu erhalten. Dabei seien die Interessen der Eltern sowie deren Einstellungen und Persönlichkeit zu würdigen und es sei auf die Belange des Kindes einzugehen. Der Wille des Kindes sei zu berücksichtigen, soweit dieses altersbedingt in der Lage sei, diesen konkret zu äußern und soweit sein Wille mit seinem Wohl vereinbar sei.
Die Kindesmutter könne ihre Ablehnung von Übernachtungskontakten nicht allein auf das Alter der 3 1/4-jährigen Tochter stützen. Ein Ausschluss von Übernachtungsbesuchen, etwa bis zur Einschulung des Kindes, würde den Kindesvater in seinem Elternrecht gravierend beschränken. Eine solche Beschränkung könne nur aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gefährdungsgründen erfolgen. Dem Kindesvater müsse grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet bleiben, die gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes zu ihm aufrechtzuerhalten und zu festigen.
Die Verfahrensbeiständin, eine Diplom-Sozialpädagogin, habe bei ihren Besuchen festgestellt, dass das Kind den Umgang mit dem Vater nicht ablehne und durchaus enge Bindungen an ihn habe. Deshalb könne nicht festgestellt werden, dass Übernachtungsbesuche beim Vater dem Willen der Tochter zuwiderliefen. Für Übernachtungsbesuche spreche auch, dass die Wochenenden dann zeitlich besser ausgestaltet und somit sinnvoller genutzt werden könnten. Auch dies diene dem Kindeswohl. Für eine gedeihliche seelische Entwicklung des Kindes sei es bedeutsam, nicht nur einen sorgenden Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen Elternteil als Bezugsperson zu erleben und nicht faktisch zu verlieren.
Allerdings diene das Umgangsrecht nicht dazu, eine gleichberechtigte Teilhabe beider Eltern am Leben des Kindes, etwa in Form eines Wechselmodells, sicherzustellen. Daher setze das Bedürfnis des Kindes nach einem auch räumlich sicheren Lebensmittelpunkt dem Umgangsrecht Grenzen (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Bearbeitung 2006, § 1684 Rz. 189; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1352 bis 1355; FamRZ 2003, 111).
Hinweis
Gerade und insbesondere streitige Umgangsverfahren führen bei den betroffenen Kindern häufig zu andauernden hohen Belastungen, Ängsten und Realitätskonflikten. Grund hierfür ist häufig ein auf Drängen des Gerichts geschlossener Vergleich, der nur oberflächlich Frieden stiftet und tatsächlich häufig zu Umgangsboykott, Ordnungsgeldanträgen und Abänderungsverfahren führt, weil die Regelung von einem Elternteil jedenfalls innerlich nicht akzeptiert wird.
Als Schutz der Kinder vor Überforderung und elterlichen Machtkampf muss daher eine möglichst frühe Aufklärung der Eltern hinsichtlich kindeswohlgefährdender Persönlichkeitsdefizite erfolgen. Nur dann, wenn beide eine getroffene Regelung innerlich tatsächlich tragen, wird es gelingen, eine fü...