Entscheidungsstichwort (Thema)
Risikoaufklärung über Tauschrisiko bei Laser-Operation am Auge
Leitsatz (amtlich)
Eine Laser-Operation am Auge zur Beseitigung einer normalen Kurzsichtigkeit, die ohne weiteres auch durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille zu korrigieren ist, und für die eine weitergehende medizinische Indikation nicht besteht, ist einer kosmetischen Operation im Hinblick auf die Anforderungen an die Aufklärung vergleichbar. Dies gilt insb. im Hinblick auf das Tauschrisiko, das bei Auftreten von Komplikationen im Verlust des Augenlichts bestehen kann, und ganz besonders, wenn das andere (nicht operierte) Auge nahezu erblindet ist.
Bei einem Patienten in vorgerücktem Alter ist auch darüber aufzuklären, dass der dauerhafte Erfolg einer Laser-Operation fraglich ist.
Verliert eine 65-jährige Patientin, die zuvor auf dem rechten Auge praktisch erblindet war und auf dem linken Auge über eine Sehschärfe von 0,8p verfügte, durch eine rechtswidrige Operation ihr Augenlicht soweit, dass sie nunmehr nur noch über eine Sehschärfe von 0,2p verfügt, ist ein Schmerzensgeld von 40.000 EUR jedenfalls nicht zu hoch.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen im Wege des Grund- und Teilurteils über den Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz (einschließlich Feststellungsantrag) entschieden werden kann.
Normenkette
BGB §§ 253, 280, 823
Verfahrensgang
Tenor
In dem Rechtsstreit pp. werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung erwägt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen gem. § 522 Abs. 2 Nr. 2,3 ZPO vorliegen.
Gründe
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil erweist sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens als richtig. Die Klageabweisung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der Senat in jedem Punkt zu Eigen macht, hat die Kammer Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche (diese dem Grunde nach) der Klägerin wegen unzureichender Aufklärung bejaht. Eine Aufklärung zur Patientenselbstbestimmung muss grundsätzlich so erfolgen, dass dem Patienten Tragweite und Konsequenzen des beabsichtigten Eingriffs vollständig klar sind; er soll Art und Schwere des Eingriffs erkennen und richtig einordnen können (vgl. nur beispielhaft BGH VersR 1990, 808). Bei einem allenfalls relativ indizierten Eingriff muss der Arzt sorgfältig das Bedürfnis des Patienten, den Eingriff durchführen zu lassen, den damit verbundenen Vorteil der Behandlung in Relation zu dem damit eingetauschten Risiko ermitteln und mit dem Patienten besprechen. Insbesondere ist klar und deutlich anzusprechen der Stellenwert des eingetauschten Risikos ggü. den Folgen einer Nichtbehandlung (vgl. hierzu etwa BGH VersR 1980, 1145; BGH NJW 1981, 1319). Dies gilt etwa für den Fall der rein kosmetischen Operationen, aber auch für andere Fälle hoher Risiken bei zweifelhafter Operationsindikation. Um einen damit vergleichbaren Fall handelt es sich vorliegend. Eine Laser-Operation am Auge zur Beseitigung einer normalen Kurzsichtigkeit, die ohne weiteres auch durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille zu korrigieren ist, und für die eine weitergehende medizinische Indikation nicht besteht, ist einer kosmetischen Operation im Hinblick auf die Anforderungen an die Aufklärung grundsätzlich vergleichbar (bezeichnenderweise heißt es selbst im Prospekt der Beklagten, dass es sich bei der LASIK-Behandlung nicht um die Behandlung einer Krankheit handele, und deshalb auch keine Krankschreibung erfolgen könne). Hier ist besonders umfassend aufzuklären (vgl. etwa OLG Düsseldorf VersR 2001, 374 für den Fall einer Augenoperation). Verschlechterungsmöglichkeiten und ein Missverhältnis bei dem Tauschrisiko müssen in aller Deutlichkeit angesprochen werden (BGH VersR 1980, 1145; BGH NJW 1981, 1319; BGH NJW 1992, 2354; BGH NJW 1997, 1637; BGH NJW 1998, 1784). Dies gilt schon für eine Operation, wenn beide Augen noch prinzipiell funktionstüchtig sind. Es gilt um ein Vielfaches, wenn - wie hier - bereits ein Auge weitestgehend erblindet ist und die Operation am anderen Auge durchgeführt werden soll. Hier stehen das Tauschrisiko eines Verlustes des einzig verbliebenen Auges gegen den möglichen Heilerfolg (nämlich künftig weitgehend, nicht einmal ausnahmslos, auf eine Brille verzichten zu können) in einem besonders krassen Missverhältnis. Das muss zwischen Arzt und Patient umfassend thematisiert sein. Es muss sicher gewährleistet sein, dass dem Patienten die Risiken in aller Konsequenz vor Augen stehen und er sich in vollem Bewusstsein des Tauschrisikos auf den Eingriff einlässt. Dem Sicherheitsbedürfnis des Patienten muss ebenso sorgfältig Rechnung getragen werden wie der Frag...