Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur Begründung von Zahlungsansprüchen
Leitsatz (amtlich)
Hat die Wohnungseigentümerversammlung mehrheitlich im Rahmen der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung bestimmte Zahlungsansprüche betreffend rückständiges Wohngeld und rückständige Leistungen von Umlagen gegen einen Wohnungseigentümer festgestellt und wurde dieser Mehrheitsbeschluss nicht rechtzeitig angefochten, so kann der Wohnungseigentümer sich künftig nicht mehr darauf berufen, dass dem Beschluss unrichtige Berechnungen zugrunde gelegen haben oder dass in die festgestellte Abrechnungssumme verjährte Ansprüche eingerechnet worden seien.
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 23.04.2003; Aktenzeichen 8 T 233/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Bonn vom 23.4.2003 – 8 T 233/02 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die gerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde zu tragen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.818,53 Euro festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. den §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1, 29 FGG statthaft und auch i.Ü. zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG Köln lässt keinen Rechtsfehler erkennen und hält der Kontrolle im Rechtsbeschwerdeverfahren im vollen Umfang statt, §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO.
Mit Recht haben die Ausgangsgerichte den Antragstellern die begehrte Forderung zugesprochen, da der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.10.2001 zu TOP 3, mit dem die zuerkannte Forderung im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander festgestellt worden ist, bestandskräftig geworden ist und Gründe für die Nichtigkeit dieses Beschlusses nicht vorliegen. Nach st. Rspr. sind Beschlüsse der Wohnungseigentümer dann nichtig, wenn sie sich mit einer Materie befassen, die durch Beschluss nicht geregelt werden kann, weil das Gesetz, die Teilungserklärung oder sonstige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer insoweit keine Beschlusskompetenz begründen (sog. vereinbarungs- oder gesetzesändernde Beschlüsse sowie Eingriffe in den Kernbereich eines insoweit nicht zustimmenden Eigentümers, vgl. Schuschke, NZM 2001, 497 [500] und namentlich BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367, jew. m.w.N.) oder wenn sie gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 23 Rz. 124, 129). Derartige Nichtigkeitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere gehört die Feststellung (und nachfolgend Einziehung) von Forderungen, die der Gemeinschaft gem. § 16 Abs. 2 WEG gegen einzelne Wohnungseigentümer zustehen, zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, für die der Gemeinschaft aus dem Gesetz, nämlich aus § 21 Abs. 3 WEG, die Beschlusskompetenz zusteht (vgl. auch die vom Antragsgegner selbst zitierte Entscheidung des BGH v. 12.7.1984 – VII ZB 1/84, MDR 1985, 315 = NJW 1985, 912 unter II.: Abrechnungsgrundlagen müssen für alle Wohnungseigentümer verbindlich festgestellt werden). Lediglich für offene Altschulden eines Wohnungseigentümers aus der Zeit vor der Entstehung der Gemeinschaft, also in der Gründungsphase, wird eine solche Beschlusskompetenz – mit der Folge der Nichtigkeit etwaiger Beschlüsse – verneint (vgl. BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 49/93, BayObLGReport 1993, 65 = WuM 1993, 701 obiter). Darum geht es aber ausweislich der mit Schriftsatz der Antragsteller vom 12.8.2002 vorgelegten und im Einzelnen nicht angegriffenen Forderungsaufstellung (GA 49) vorliegend nicht.
Damit kann sich aus nicht angefochtenen und folglich bestandskräftig gewordenen Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche der Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer ergeben, wie es der gefestigten Rspr. des Senats im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 WEG, also für Beseitigungsansprüche betreffend bauliche Veränderungen, entspricht (vgl. zuletzt OLG Köln, Beschl. v. 23.6.2003 – 16 Wx 121/03 m.w.N.) und wie das BayObLG jüngst auch für eine Geldforderung in Form einer Schadensersatzforderung anerkannt hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 15.1.2003, NZM 2003, 239 f.). Dies muss nach Ansicht des Senats auch für (Geld-) Forderungen der Gemeinschaft gelten, die nach materiellem Recht möglicherweise gar nicht entstanden, im nachhinein untergegangen oder etwa verjährt sind. Auch insoweit kommt einem entspr. Beschluss der Wohnungseigentümer auf Feststellung einer solchen Forderung eine konstitutive Bedeutung zu, die der betroffene Wohnungseigentümer nur durch rechtzeitige Anfechtung des Beschlusses gem. § 23 Abs. 4 S. 1 WEG beseitigen kann. Die Rechte des betroffenen Wohnungseigentümers sind hinreichend gewahrt, da er solche Beschlüsse, wenn sie nicht der materiellen Rechtslage entsprechen, auch mit Erfolg anfechten kann (vg...