Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltshaftung
Leitsatz (amtlich)
Die Pflicht des Rechtsanwalts zur umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung und Beratung des Auftraggebers (hier Zahnarzt, der wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers von einem Patienten in Anspruch genommen wird) beinhaltet, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich für eine Schadensanzeige an einen Berufshaftpflichtversicherer sorgen muss, sei es, dass er sie selbst vornimmt, sei es, dass er den Auftraggeber über die Notwendigkeit der Anzeige und die Folgen eines Unterlassens, nämlich den Verlust des Versicherungsschutzes, klar und unmissverständlich belehrt.
Normenkette
BGB §§ 280, 611
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 18 O 477/08) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 26.3.2009 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln - 18 O 477/08 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Beklagte haftet dem Kläger wegen der Verletzung von Beratungspflichten gem. § 280 Abs. 1 BGB dafür, dass die Berufshaftpflichtversicherungen des Klägers diesem im Hinblick auf die fehlerhafte Behandlung des Patienten T keinen vollständigen Versicherungsschutz gewährt, insb. die vom Kläger aufgrund des rechtskräftigen Urteils des LG Arnsberg vom 22.4.2008 (I-5 O 31/06) zu erbringenden Zahlungen - von einem Vergleichsbetrag von 12.000 EUR abgesehen - nicht ersetzt haben.
Das LG ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass ein Rechtsanwalt aufgrund der ihm obliegenden Pflicht zur umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung und Beratung des Auftraggebers bei einer Sachlage, die Haftpflichtansprüche gegen den Mandanten zu Folge haben kann, grundsätzlich für eine Schadensanzeige an einen Haftpflichtversicherer sorgen muss, etwa indem er sie selbst vornimmt oder den Mandanten über die Notwendigkeit der Information des Haftpflichtversicherers und die Folgen belehrt, die bei Unterlassen der Schadensanzeige eintreten können, das heißt den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes. Eine eingehende Belehrung war im Streitfall umso mehr geboten, als dass der Kläger auf das anwaltliche Schreiben des Patienten T vom 16.7.2003, in dem u.a. um Mitteilung der Haftpflichtversicherung gebeten worden war, seinen Haftpflichtversicherungen keine Schadensanzeige gemacht hatte, was der Beklagte bei seiner Mandatierung im März 2004 durch Befragung des Klägers in Erfahrung hätte bringen können und müssen.
Das LG hat ferner zu Recht angenommen, dass der Beklagte den vorstehenden Anforderungen schon nach seinem eigenen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Vorbringen nicht entsprochen hat. Der Kläger hat sich dieses Vorbringen - was der Beklagte in der Berufungsbegründung übersieht - hilfsweise zu eigen gemacht, indem er mit Schriftsatz vom 13.2.2009 geltend gemacht hat, dass jedenfalls jede Beratung über das fehle, was passieren könne, wenn im Versicherungsfall der Versicherer nicht rechtzeitig unterrichtet werde.
Nach seiner Darstellung des Geschehens in der Anhörung vor dem LG will der Beklagte den Kläger in einem am 12.3.2004 geführten Telefonat darauf hingewiesen haben, dass eine bestehende Haftpflichtversicherung informiert werden müsse. Dem Kläger sei seinerzeit nicht klar gewesen, ob er eine Haftpflichtversicherung gehabt habe. Er, der Beklagte, habe den Kläger auch darüber belehrt, dass ansonsten - also bei Unterlassen einer Anzeige - "persönliche Konsequenzen" auf den Kläger zukämen. In der Klagerwiderung hat der Beklagte darüber hinaus noch geltend gemacht, dass der Kläger für den Fall des Bestehens einer Haftpflichtversicherung deren Benachrichtigung zugesagt habe. Belehrungen über die Folgen des Unterlassens einer Schadensanzeige hat der Beklagte in den vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsätzen nicht dargelegt.
Ein Hinweis auf "persönliche Konsequenzen" war nicht ausreichend. Für den Adressaten einer derartigen, inhaltlich völlig unbestimmten Belehrung erschließt sich nicht, welche Folgen bei Unterlassen einer Schadensanzeige eintreten können. Vor allem wird ihm nicht vor Augen geführt, dass es zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes kommen kann.
Soweit der Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 23.3.2009 behauptet hat, dass er den Kläger darüber belehrt habe, dass die Haftpflichtversicherung bei Nichtinformation ihre Schadenseintrittsverpflichtung ablehnen könne und der Kläger persönlich für einen eventuelle...