Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltshaftung
Leitsatz (amtlich)
Die Pflicht des Rechtsanwalts zur umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung und Beratung des Auftraggebers (hier Zahnarzt, der wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers von einem Patienten in Anspruch genommen wird) beinhaltet, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich für eine Schadensanzeige an einen Berufshaftpflichtversicherer sorgen muss, sei es, dass er sie selbst vornimmt, sei es, dass er den Auftraggeber über die Notwendigkeit der Anzeige und die Folgen eines Unterlassens, nämlich den Verlust des Versicherungsschutzes, klar und unmissverständlich belehrt.
Normenkette
BGB §§ 280, 611
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 18 O 477/08) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.3.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des LG Köln - 18 O 477/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Gründe
Die Berufung des Beklagten war gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 12.10.2009 verwiesen. Die Stellungnahme vom 9.11.2009 rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Dem Beklagten ist eine für den teilweisen Verlust des Versicherungsschutzes ursächliche Pflichtverletzung anzulasten. Der Senat verbleibt bei seiner Auffassung, dass ein Rechtsanwalt, der - wie hier - von seinem Mandanten beauftragt wird, nachdem gegen diesen Haftpflichtansprüche geltend gemacht worden sind, grundsätzlich in sicherer Weise für eine Schadensanzeige an einen Haftpflichtversicherer sorgen muss, etwa indem er den Mandanten über die Notwendigkeit der Information des Haftpflichtversicherers und die Folgen belehrt, die bei Unterlassen der Schadensanzeige eintreten können, das heißt den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes. Diesen Anforderungen hat der Beklagte, wie der Senat dargelegt hat und der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 9.11.2009 nicht mehr in Zweifel zieht, nach seinem prozessual berücksichtigungsfähigen Vorbringen nicht entsprochen.
Zu einer Korrektur des rechtlichen Ausgangspunkts besteht im Streitfall entgegen der Auffassung des Beklagten kein Anlass. Eine Differenzierung zwischen der Sachlage, dass der Anwalt vom Bestehen der Versicherung Kenntnis hat - dann greift selbst nach Auffassung des Beklagten eine umfassende Belehrungspflicht ein (vgl. Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung 4. Aufl. Rz. 128) -, und dem hier nach dem maßgeblichen Vorbringen des Beklagten gegebenen Fall, dass das Bestehen einer Versicherung zwischen dem Anwalt und dem Mandanten erörtert, nicht abschließend geklärt und in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Information einer etwa vorhandenen Versicherung hingewiesen wird (vgl. das Protokoll vom 5.3.2009 über die Anhörung des Beklagten, Bl. 103 d.A.), ist nicht gerechtfertigt. Aus Sicht des Anwalts kann es jedenfalls dann, wenn sich die noch offene Frage i.S.d. Vorhandenseins einer Haftpflichtversicherung klärt, ohne eine Schadensanzeige zum Verlust von Versicherungsansprüchen kommen, so dass Anlass zu einer eingehenden Aufklärung und Belehrung, insb. über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung, besteht. Vor allem kann aber der Mandant, wenn das Thema Haftpflichtversicherung angesprochen und vom Anwalt ein Hinweis erteilt wird, eine vollständige Belehrung erwarten.
Fallbezogen kommt hinzu, dass Zahnärzte, wie dem ständig mit Arzt- und Zahnarzthaftungssachen befassten Senat bekannt ist, zumindest regelmäßig berufshaftpflichtversichert sind. Das Bestehen einer Versicherung war daher, anders als der Beklagte im Schriftsatz vom 9.11.2009 meint, nicht hypothetisch, sondern vielmehr äußerst wahrscheinlich.
Die vom Beklagten in seiner ergänzenden Stellungnahme aufgeworfene Frage, ob ein Rechtsanwalt, der um das Bestehen einer einschlägigen Versicherung nicht weiß, zur Frage nach einer solchen Versicherung verpflichtet ist oder ob ihn der Mandant, bevor Beratungspflichten entstehen, zunächst selbständig über das Bestehen der Versicherung unterrichten muss (so Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung 4. Aufl. Rz. 128;), ist nicht entscheidungserheblich. Vorliegend war die Frage des Bestehens einer Haftpflichtversicherung nach dem Vorbringen des Beklagten, welches sich der Kläger hilfsweise zu eigen gemacht hat, ausdrücklich Gesprächs- und Beratungsgegenstand.
Dass der Kläger durch das Unterlassen einer rechtzeitigen Schadensanzeige zum Verlust des Versicherungsschutzes beigetragen hat, begründet im Verhältnis zum Beklagten, der gerade über diese seinerzeit drohende Folge hätte belehren müssen, kein anzurechnendes Mitverschulden.
Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Zudem erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die vorliegende Fallgestaltung in Rechtsprechung oder Literatur anders al...