Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung eines Ordnungsgeldes wegen Nichtbeachtung einer Vorlageanordnung
Leitsatz (amtlich)
Liegt eine mit Gründen versehene Herausgabeverweigerung von Urkunden vor, deren Vorlegung bei Gericht angeordnet ist, bestimmt sich das weitere Verfahren in entsprechender Anordnung der Vorschriften der §§ 386-390 ZPO. Danach kann gem. § 390 ZPO für den Fall einer mit Gründen versehenen Herausgabeverweigerung, deren Begründung nicht von vorneherein völlig abwegig erscheint, ein Ordnungsgeld nur festgesetzt werden, wenn der Dritte die weitere Herausgabe aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund weiterhin verweigert. Eine solche rechtskräftige Feststellung ist in einem Verfahren nach § 387 ZPO in einem Zwischenstreit über die schriftliche Herausgabeverweigerung zu treffen.
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 23.04.2003; Aktenzeichen 90 O 212/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Ordnungsgeldbeschluss der 10. Kammer für Handelssachen des LG Köln aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
Die gem. § 390 Abs. 3 ZPO zulässige - insb. fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der verfahrensbeteiligten Versicherung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht ist gegen diese ein Ordnungsgeld festgesetzt worden.
Der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 390 ZPO fehlt nämlich die rechtliche Grundlage. Gemäß Beschluss des LG Köln vom 23.4.2003 - 90 O 212/02 - (Bl. 106, 107 GA) ist der verfahrensbeteiligten Versicherung aufgegeben worden, die zur Schadensnummer ..1 eingeholten Gutachten der Sachverständigen B und C vorzulegen. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich auf diese Gutachten die Parteien in ihren Schriftsätzen bezogen hätten. Abgesehen davon, dass es unerheblich sei, ob es sich dabei um "interne" Gutachten des Versicherers handele, unterlägen sie der prozessualen Vorlagepflicht nach § 142 ZPO.
Gegen diese Vorlageanordnung hat sich die verfahrensbeteiligte Versicherung mit Schriftsatz vom 26.5.2003 (Bl. 113 GA) gewehrt und die Vorlage der genannten Gutachten mit der Begründung verweigert, diese seien allein zur internen Klärung des Sachverhaltes eingeholt worden. § 142 ZPO sehe nicht die Vorlage von Gutachten zum Zwecke der Ausforschung vor. Der prozessualen Vorlagepflicht gem. § 142 ZPO könnten die Gutachten nur dann unterliegen, wenn sie entscheidungserheblich seien. An dieser Entscheidungserheblichkeit fehle es hier aber bereits, da ohnehin ein Sachverständigengutachten im Zuge der Beweisaufnahme einzuholen sein werde.
Ob diese Auffassung der verfahrensbeteiligten Versicherung zutreffend ist, kann dahinstehen. Denn das LG durfte nicht allein aufgrund dieser Weigerung zur Herausgabe der Urkunden den angegriffenen Ordnungsgeldbeschluss erlassen.
Das Verfahren über die Anordnung der Urkundenvorlegung ist in § 142 ZPO geregelt. Danach normiert § 142 Abs. 1 ZPO die Voraussetzungen der Vorlegungspflicht. Voraussetzung für die Vorlageanordnung ist lediglich, dass sich eine Partei oder ein Streithelfer auf die Urkunde bezogen hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., 2003, § 142 Rz. 2).
Adressat der Anordnung kann u.a. auch ein Dritter sein. Der Dritte ist allerdings zur Vorlegung der Urkunden bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht verpflichtet. Kommt er der Anordnung nicht nach, unterliegt er den Ungehorsamsfolgen wie Zeugen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., 2003, § 142 Rz. 4). Insoweit verweist § 142 Abs. 2 S. 2 auf die §§ 386 - 390 ZPO, die entsprechend gelten. In § 390 ZPO sind die Folgen der Verweigerung geregelt. Nach § 390 Abs. 1 kann gegen den Zeugen u.a. ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn er das Zeugnis ohne Angabe eines Grundes oder aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund verweigert hat. Danach scheidet die sofortige Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die verfahrensbeteiligte Versicherungsgesellschaft schon deswegen aus, weil diese ihre Auffassung, nicht zur Vorlage der genannten Gutachten verpflichtet zu sein, ausreichend begründet hat. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die verfahrensbeteiligte Versicherung ausdrücklich die in § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO genannten Verweigerungsgründe bezeichnet hat. Ausreichend ist, dass die genannten Gründe deutlich machen, dass der Dritte - hier die beteiligte Versicherungsgesellschaft - Gründe vorträgt, die bei verständiger Würdigung erkennen lassen, dass sie die Vorlage - weil unberechtigt angeordnet - für unzumutbar hält. Insofern vermag der Senat der Auffassung des LG nicht dahin zu folgen, dass dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26.5.2003 nicht entnommen werden kann, dass sie sich auf ein Verweigerungsrecht nach § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO beruft. Andere Verweigerungsrechte als die in § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO bestehen nicht. Bestreitet ein Dritter seine Vorlagepflicht, so ist zu prüfen, ob die genannten Gründe die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 S. 1 erfüllen. Nur im Rahmen dieser Prüfung kann das zur Ent...