Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich; Beschwerdebefugnis der VBL (Zusatzversorgungsträger) bei Verweisung des Anrechts in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Der Träger einer Zusatzversversorgung im öffentlichen Dienst (hier: VBL) ist mit der Rüge, der Ausgleich des bei ihm bestehenden Anrechts sei zu Unrecht nicht bei der Scheidung vorgenommen und damit in den Ausgleich nach der Scheidung verwiesen worden, beschwerdeberechtigt, wenn das Familiengericht den Wertausgleich bei der Scheidung wegen verfassungswidriger Startgutschrift nach § 19 VersAusglG nicht durchgeführt hat (entgegen OLG Nürnberg MDR 2012, 717 f. und OLG Celle FamRZ 2012, 717 ff.). Die Beschwerdebefugnis ergibt sich bei jedem als unrichtig gerügten Eingriff in die Rechtsstellung des Versorgungsträgers, auch bei einer unrichtigen Ausgleichsform unabhängig davon, ob sich der Versorgungsausgleich im konkreten Fall zu Lasten des Versorgungsträgers auswirkt.

 

Normenkette

FamFG § 59; VersAusglG §§ 19-20

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen 310 F 40/11)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der VBL vom 9.5.2012 wird der am 27.3.2012 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Siegburg (310 F 40/11) im Ausspruch über den Versorgungsausgleich unter Nr. 2. im 3. Absatz abgeändert und wie folgt gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 33,39 Versorgungspunkten, bezogen auf den 31.3.2011, nach Maßgabe von § 32a VBL-Satzung (VBLS) in der Fassung der 17. Satzungsänderung übertragen.

Bezüglich der beiden anderen Anrechte bleibt es bei der Entscheidung des AG. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung bestehen nicht (mehr).

2. Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des AG.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Bei der Scheidung der beteiligten Eheleute hat das AG im Rahmen der Verbundentscheidung das Anrecht des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV Bund) gem. § 10 Abs. 1 VersAusglG intern geteilt und für das Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Rheinland nach § 18 Abs. 2 VersAusglG von einem Ausgleich abgesehen; in Bezug auf die Zusatzversorgung der Antragsgegnerin bei der VBL ist das AG wegen der Unwirksamkeit der für rentenferne Versicherte zum 1.1.2002 getroffenen Übergangsregelung von einer Unmöglichkeit der Bezifferung ausgegangen und hat angeordnet, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet, sondern dem Ausgleich nach der Scheidung vorbehalten bleibt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Gegen die ihr am 16.4.2012 zugestellte Entscheidung, wonach ein Wertausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts bei der Scheidung nicht stattfindet, wendet sich die VBL mit ihrer am 10.5.2012 eingegangenen Beschwerde. Sie hat beantragt, den Versorgungsausgleich hinsichtlich des bei ihr bestehenden Anrechts aufgrund einer noch zu erstellenden Auskunft nach zwischenzeitlicher Änderung der VBL-Satzung zu regeln. Das führt die Beschwerdeführerin weiter aus. Sie sei auch beschwerdeberechtigt; sie nehme auch bei Anwendung des neuen Rechts die Interessen der Versichertengemeinschaft wahr. Eine fehlerhafte, mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmende Entscheidung bedeute einen Eingriff in ihre Rechtsposition. Die Ungewissheit, ob noch mit einem schuldrechtlichen Ausgleich gerechnet werden müsse, begründe ihre Betroffenheit als Versorgungsträger.

Inzwischen hat der Versorgungsträger eine Auskunft erteilt, die die Neuregelung für rentenferne Jahrgänge berücksichtigt.

II. Der Senat entscheidet über die gem. §§ 58 ff., 228 FamFG zulässige Beschwerde ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG) bzw. Erörterung in einem Termin (§ 221 FamFG), da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Beschwerde führt in der Sache - nachdem eine Auskunft nunmehr erteilt ist - zur Entscheidung über das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht.

1. Dem beschwerdeführenden Versorgungsträger fehlt insbesondere nicht die Beschwerdebefugnis (§ 59 Abs. 1 FamFG). Die Beschwerdebefugnis erfordert einen unmittelbaren Eingriff in ein im Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung bestehendes subjektives Recht (vgl. z.B. BGH FamRZ 2008, 678 ff. Rz. 7 m.w.N.). Die VBL ist im Streitfall durch den angefochtenen Beschluss in ihren Rechten beeinträchtigt. Das gilt auch in Bezug auf ihr Vorbringen, der Ausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts sei zu Unrecht nicht bei der Scheidung vorgenommen und damit in den Ausgleich nach Scheidung verwiesen worden.

a) Ob eine Beschwerdeberechtigung in einem solchen Fall besteht, wird nicht einheitlich beurteilt. Das i...

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