Entscheidungsstichwort (Thema)
Lagerungsschaden
Leitsatz (amtlich)
1. Die Grundsätze des voll beherrschbaren Risikobereichs gelten bei der Lagerung eines Patienten nur, wenn aufgrund medizinischer Feststellungen gewährleistet ist, dass bei der Art der Lagerung und der Konstitution des Patienten alle Risikofaktoren ärztlicherseits eingeplant und ausgeschaltet werden können.
2. Hinsichtlich der Einzelheiten der Lagerung und ihrer Kontrolle besteht regelmäßig keine detaillierte Dokumentationspflicht.
3. Zur Frage des Entscheidungskonfliktes bei laparoskopischer roboterassistierter Bauch-Operation.
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 823; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 03.09.2014; Aktenzeichen 25 O 300/11) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 3.9.2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Köln - 25 O 300/11 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat nach gründlicher Prüfung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten wegen des Eingriffs vom 15.12.2008 gemäß §§ 280 Abs. 1, 831 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB weder die Zahlung von Schmerzensgeld noch materiellen Schadensersatz verlangen.
1. Das LG hat zutreffend angenommen, dass sich ein Behandlungsfehler in Gestalt einer fehlerhaften Lagerung oder einer unzureichenden Lagerungskontrolle nicht feststellen lässt.
a) Dies gilt zunächst für die Lagerung zu Beginn der laparoskopischen, roboterassistierten Myomenucleation.
aa) Nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. S entspricht die von der Beklagten in der Klageerwiderung und nochmals zusammenfassend im Schriftsatz vom 21.1.2014 dargelegte und von den Zeugen Q, T und Dr. E bestätigte Art und Weise der Lagerung, wie sie im Klinikum der Beklagten üblicherweise bei Operationen wie der am 15.12.2008 durchgeführten laparoskopischen, roboterassistierten Myomenucleation vorgenommen wird, dem medizinischen Standard. Diese überzeugende Beurteilung zieht die Klägerin im Berufungsverfahren nicht in Zweifel. Sie vermag nicht zu beweisen, dass bei dem Eingriff vom 15.12.2008 von der im Klinikum der Beklagten üblichen Art und Weise der Lagerung abgewichen worden ist. Weder kann dies aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen und an der Operation beteiligten Ärzte abgeleitet werden, die an den Verlauf des Eingriffs keine konkrete Erinnerung hatten, noch stehen der Klägerin weitere Beweismittel zur Verfügung.
bb) Als Patientin ist die Klägerin im Arzthaftungsprozess für die anspruchsbegründende Tatsache eines Behandlungsfehlers beweispflichtig. Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des voll beherrschbaren Risikobereichs hat das LG zu Recht abgelehnt. Insbesondere hat es für die Heranziehung dieser Grundsätze entgegen der Auffassung der Klägerin richtigerweise nicht auf die Beherrschbarkeit der der Schadensverhinderung dienenden Lagerungs- und Überwachungsmaßnahmen, sondernd darauf abgestellt, ob im vorliegenden Behandlungsfall die Komplikation und der Lagerungsschaden selbst beherrschbar und vermeidbar waren.
Der Arzt oder der Krankenhausträger müssen sich in Umkehr der Beweislast analog § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten, wenn der Gesundheitsschaden des Patienten sich in einem Bereich ereignet hat, den sie voll beherrschen können und müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 24.1.1984 - VI ZR 203/82, iuris Rdn. 14, abgedruckt in VersR 1984, 386 ff. und vom 24.1.1995 - VI ZR 60/94, iuris Rdn. 9, abgedruckt in VersR 1995, 539 ff.) und zahlreichen, vor allem älteren Entscheidungen der Instanzgerichte (vgl. die Nachweise bei Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht 12. Aufl. Rdn. 618) kann dies auch für die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch und deren Überprüfung während der Operation zur Vermeidung von Lagerungsschäden gelten. Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 25.2.2013 - 5 U 152/12, iuris Rdn. 2, abgedruckt in MedR 2014, 399), ist dies aber keineswegs immer und ohne weiteres der Fall. Diese Beurteilung widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht. Denn die Beweislastumkehr bei Lagerungsschäden beruht darauf, dass bei der Lagerung des Patienten während der Operation auch die Risikofaktoren, die sich etwa aus seiner körperlichen Konstitution ergeben, ärztlicherseits eingeplant und dementsprechend ausgeschaltet werden können (BGH, Urteil vom 24.1.1995 - VI ZR 60/94, iuris Rdn. 11, abgedruckt in VersR 1995, 539 ff.). So liegt es nach den Ausführungen von Prof. Dr. S jedenfalls bei einer mehrere Stunden dauernden laparoskopischen, roboter...