Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Aussetzung wegen erforderlicher Neubestimmung von Startgutschriften für sog. rentenferne Versicherte
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versorgungsausgleich kann nicht durchgeführt werden, wenn in Folge des Urteils des BGH vom 14.11.2007 (veröffentlicht u.a. in BGHZ 174, 127 ff. und in FamRZ 2008, 395, beschränkt auf Leitsätze, aber mit einer ausführlichen Besprechung des Urteils von Borth) die im Zuge der Umstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes den Versicherten zum 1.1.2002 erteilten "Startgutschriften" neu zu bestimmen sind, soweit es sich um sog. rentenferne Versicherte handelt, die im Zeitpunkt der Umstellung am 1.1.2002 noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten.
2. In einem solchen Fall ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich in Anwendung des in § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG enthaltenen Rechtsgedankens bis zu einer Neuregelung über die Startgutschriften rentenferner Jahrgänge auszusetzen.
3. Das Beschwerdegericht kann die angefochtene Entscheidung des FamG über den Versorgungsausgleich aufheben und die Sache an das FamG zur erneuten Behandlung und Entscheidung unter Beachtung der Auffassung des Beschwerdegerichts über die Aussetzungsnotwendigkeit zurückverweisen (vgl. zu diesem Verfahren OLG Stuttgart, a.a.O., mit Bezugnahme auf OLG Bamberg FamRZ 2000, 291). Ein Antrag der Parteien ist für die Zurückverweisung nicht erforderlich, da § 621e Abs. 3 ZPO nicht auf § 538 ZPO verweist, der ein solches Antragserfordernis vorsieht (so schon Entscheidung des OLG Köln in FamRZ 2005, 1921; ebenso der 26. Zivilsenat des OLG Köln, Beschluss vom 29.10.2003, OLGR 2004, 52; ferner OLG Stuttgart, a.a.O., m.w.N.).
Normenkette
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 03.04.2008; Aktenzeichen 47 F 308/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Weiteren Verfahrensbeteiligten zu 1. wird das Urteil des AG - FamG - Bonn vom 3.4.2008 - 47 F 308/07 - zu Ziff. 2. des Urteilstenors zum Versorgungsausgleich aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - FamG - Bonn zurückverwiesen.
Gründe
Die gem. § 621e ZPO zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - befristete Beschwerde des Weiteren Verfahrensbeteiligten zu 1. führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich und zur Zurückverweisung der Sache insoweit an das FamG.
Der Versorgungsausgleich kann derzeit nicht durchgeführt werden, weil in der Folge des Urteils des BGH vom 14.11.2007 (veröffentlicht u.a. in BGHZ 174, 127 ff. und in FamRZ 2008, 395, beschränkt auf Leitsätze, aber mit einer ausführlichen Besprechung des Urteils von Borth) die im Zuge der Umstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von der weiteren Verfahrenbeteiligten zu 3. ihren Versicherten zum 1.1.2002 erteilten "Startgutschriften" neu zu bestimmen sind, soweit es sich um sog. rentenferne Versicherte handelt, die im Zeitpunkt der Umstellung am 1.1.2002 noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten, was bei beiden Parteien hier der Fall ist. Voraussetzung für die Neubestimmung der Startgutschriften ist die verfassungskonforme Änderung der getroffenen Übergangsregelung für rentenferne Versicherte durch die Tarifvertragsparteien und die entsprechende Änderung der Satzung der weiteren Verfahrensbeteiligten zu 3.. Der Senat folgt der Auffassung des OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 28.12.2007 (FamRZ 2008, 1086), wonach in einem solchen Fall das Verfahren über den Versorgungsausgleich in Anwendung des in § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG enthaltenen Rechtsgedankens bis zu einer Neuregelung über die Startgutschriften rentenferner Jahrgänge auszusetzen ist. Der anderweitigen Auffassung des OLG Zweibrücken (FamRZ 2008, 1083 m. Anm. Borth) vermag sich der Senat nicht anzuschließen (die Entscheidung des OLG Nürnberg, FamRZ 2008, 1087, das den Versorgungsausgleich durchgeführt hat, betrifft den hier nicht gegebenen Fall, dass ein Ehegatte im Zeitpunkt der anstehenden Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits Rente bezieht). Zur Begründung seiner Auffassung verweist der Senat auf die überzeugenden Argumente des OLG Stuttgart in der genannten Entscheidung sowie ergänzend auch auf die für eine Aussetzung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich in Fällen der vorliegenden Art sprechenden Erwägungen von Borth in seiner Entscheidungsrezension zum Urteil des BGH vom 14.11.2007 in FamRZ 2008, 326 f., und in seiner Anmerkung zu der oben zitierten Entscheidung des OLG Zweibrücken.
Die angefochtene Entscheidung des FamG Bonn über den Versorgungsausgleich war daher aufzuheben und die Sache an das AG zur erneuten Behandlung und Entscheidung unter Beachtung der Auffassung des Senats zurückzuverweisen (vgl. zu diesem Verfahren OLG Stuttgart, a.a.O., mit Bezugnahme auf OLG Bamberg FamRZ 2000, 291). Die vorzitierte Entscheidung des BGH war bereits vor der Entscheidung des FamG ergangen und veröffentli...