Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussfassung zur Nutzung von Stellplätzen; Teilnichtigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschlussfassung zur Vermietung im Gemeinschaftseigentum stehender Stellplätze an Wohnungseigentümer entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Gemeinschaft im Rahmen ihres Ermessensspielraums für eine gerechte Verteilung der Plätze sorgt.
2. Die Gemeinschaft überschreitet ihren Ermessensspielraum, wenn sie eine Nutzungsregelung entgegen der Verkehrsanschauung beschließt, die den anliegenden Eigentümern von Wohnungen oder Garagen jegliche Nutzung angrenzender, nicht vermieteter Gemeinschaftsflächen untersagt.
3. § 139 BGB findet Anwendung auf die Beurteilung von Gemeinschaftsbeschlüssen, die teilweise ungültig sind.
Normenkette
WEG §§ 14-15; BGB § 139
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 10.03.2008; Aktenzeichen 29 T 120/07) |
AG Köln (Beschluss vom 21.03.2007; Aktenzeichen 202 II 407/06) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Köln vom 10.3.2008 (29 T 120/07) abgeändert und neu gefasst:
Der Beschluss des AG Köln vom 21.3.2007 - 202 II 407/06 - wird auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wie folgt abgeändert:
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung der WEG I. Str. X, L. vom 28.9.2006 zu TOP 2 wird für ungültig erklärt.
Die Gerichtskosten sämtlicher Instanzen fallen den Antragsgegnern zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 5.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsteller, Mitglieder der aufgeführten Wohnungseigentümergemeinschaft, zu der neben Mehrfamilienhäusern auch Einfamilienbungalows gehören, fechten eine Beschlussfassung zur Frage der Nutzung von Stellplätzen auf Gemeinschaftseigentum an. Bisher hatten die Eigentümer für diese im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen keine Nutzungsregelung getroffen. Die Gemeinschaft hat nunmehr mit Mehrheit beschlossen, dass genau bezeichnete Stellplätze vor verschiedenen Garagen und vor zwei Häusern (Bungalows), die im Eigentum verschiedener Wohnungseigentümer stehen, nur an diese Eigentümer zu einem festgelegten Mietzins vermietet werden dürfen. Andernfalls sollen die Flächen unvermietet bleiben und dürfen "nicht zum Halten oder Parken von Fahrzeugen und/oder Abstellen von Gegenständen genutzt werden". Ferner wurde eine Regelung zur Vermietung weiterer Stellplätze unmittelbar am Straßenverlauf getroffen, wobei eine vorrangige Vermietung an die Eigentümer der Garagen bzw. Bungalows, nachrangig an die übrigen Eigentümer mit weiteren Detailregelungen vorgesehen ist. AG und LG haben in der beschlossenen Regelung eine wirksame Gebrauchsregelung gesehen und den Anfechtungsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde.
II. Die formell nicht zu beanstandende sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Beschlussfassung zu TOP 2 entspricht nicht in allen Punkten einer zulässigen Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG. Die teilweise Ungültigkeit hat nach § 139 BGB die gesamte Ungültigkeit der Beschlussfassung zu TOP 2 in der Versammlung vom 28.9.2006 zur Folge.
Zwar haben die Vorinstanzen im Grundsatz zu Recht abgenommen, dass die geplante Regelung zur Vermietung der Einstellplätze vor den Garagen bzw. Bungalows und entlang der Straßenfront im Ansatz eine sachgerechte und damit grundsätzlich zulässige Gebrauchsregelung nach § 15 WEG darstellt, die die Gemeinschaft mehrheitlich beschließen kann. Allerdings haben sie nicht hinreichend berücksichtigt, dass die unter A "Vermietung" Abs. 1 und Abs. 2 je am Ende getroffene Bestimmung zur Nutzung für den Fall der Nichtvermietung über das zulässige Maß einer Gebrauchsregelung hinausgeht.
Die Wohnungseigentümer können mehrheitlich über die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums beschließen, wenn diese Regelung inhaltlich dem ordnungsgemäßen Gebrauch entspricht, § 15 Abs. 2 WEG. Eine solche Regelung kann auch wirksam die Möglichkeit der Vermietung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen oder Räumen vorsehen (vgl. BGH NJW 2000, 3211). Ob ein Gebrauch ordnungsgemäß ist, richtet sich unter Beachtung von § 14 WEG nach der Verkehrsanschauung und lässt im Übrigen der Gemeinschaft einen gewissen Ermessensspielraum. Zur Ausfüllung sind dabei die konkreten Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen
Eigentums sowie des Gebots der allgemeinen Rücksichtnahme maßgebend (BGH, a.a.O., OLG Hamburg, ZMR 2003,444; BayObLG, ZMR 1999, 776).
Nach diesen Maßstäben entspricht eine Beschlussfassung zur Vermietung von Stellplätzen an Wohnungseigentümer grundsätzlich dem ordnungsgemäßen Gebrauch nach § 15 Abs. 2 WEG, wenn zugleich für eine gerechte Verteilung der Plätze gesorgt wird, was hier - aus den Gründen der vorinstanzlichen Entscheidungen - der Fall ist. Allerdings werden mit den weiteren Regelungen zu TOP 2 "A. Vermietung" die zulässigen Grenzen des ordnungsgemäßen G...