Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 403/19) |
Tenor
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Verfügungsbeklagte.
Der Antrag der Verfügungsbeklagten vom 16.12.2020 auf Ergänzung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
Gemäß der nach allgemeiner Auffassung auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anwendbaren Regelung in § 91a Abs. 1 ZPO war angesichts der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien im Termin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu Lasten der Verfügungsbeklagten über die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu entscheiden.
Denn jedenfalls bis zu der - von einer identifizierenden Pressemitteilung des Amtsgerichts Düsseldorfs vom 04.09.2020 (Anlage BAG 2, Bl. 246 d.A. = Anlage ASt 19, Bl. 389 d.A.) und der dazu ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (VG Düsseldorf v. 14.09.2020 - 20 L 1781/20, BeckRS 2020, 22654 = Anlage BAG 3, Bl. 247 ff. d.A. = Anlage ASt 20, Bl. 390 ff. d.A.) begleiteten - Anklageerhebung gegen den Verfügungskläger am 02.09.2020 und der prozessual mangels ausreichendem Sachvortrag so als gegeben zu unterstellenden Verteidigererklärung in dem Ermittlungsverfahren in Form einer (wie auch immer gearteten) "geständigen Einlassung" wäre die Verfügungsbeklagte hier bei gebotener summarischer Prüfung voraussichtlich unterlegen, was anerkanntermaßen zentrales Kriterium bei der nach § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung ist (statt aller Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 91a Rn. 23 m.w.N.). Es sind dann auch keine anderen (Billigkeits-)Gründe vorgetragen und/oder ersichtlich, die eine von diesem Grundsatz abweichende Kostenverteilung zu Lasten des Verfügungsklägers im Einzelfall rechtfertigen würden.
1. Die streitgegenständliche Berichterstattung vom 16.10.2019 (Anlage ASt 5, AH I) war rechtswidrig und dem Verfügungskläger stand als Verfügungsanspruch daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG wegen Verletzung seines Rechts am eigenen Bild zu.
Der Verfügungskläger hat hier einen jedenfalls zu Verfahrensbeginn bestehenden Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Am Verfügungsgrund (Dringlichkeit) bestanden daneben dann auch keine Bedenken.
a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die streitgegenständliche Berichterstattung einen Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664 Rn. 17; v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084 Rn. 19; v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15 - ZUM-RD 2016, 434 Rn. 15).
b) Bei der wegen des Rahmenrechtscharakters des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gebotenen Abwägung hat das Landgericht den Sachverhalt zu Recht an den anerkannten und von ihm auch zutreffend dargestellten rechtlichen Voraussetzungen einer sog. identifizierenden Verdachtsberichterstattung (dazu auch BGH v. 18.6.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084 Rn. 50 m.w.N.) gemessen. Das war schon allein deswegen geboten, weil Gegenstand der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht nur die Tatsache eines Ermittlungsverfahrens und der Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen (als unstreitig wahre Tatsachen) war, sondern auch der tatsächliche Verdachtsvorwurf in Einzelheiten geschildert wurde, was für die Anwendung der Grundsätze der Verdachtsberichterstattung genügt (vgl. deutlich BGH v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15 - ZUM-RD 2016, 434 Rn. 20).
aa) Die Berichterstattung über vermeintliche Sexualstraftaten stellt dabei - entgegen dahingehenden Überlegungen des Verfügungsklägers - allerdings keinen Eingriff in die absolut geschützte Intimsphäre des vermeintlichen Täters dar (st. Rspr., vgl. BGH v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15 - ZUM-RD 2016, 434 Rn. 17). Dies gilt nicht nur dann, wenn es - anders als hier - um direkte körperliche Übergriffe gegen Opfer von Straftaten geht, sondern auch, wenn - wie hier im Raum stehend - der vermeintliche Täter die körperliche und seelische Unversehrtheit der kindlich-jugendlichen Opfer durch sein Verhalten nur "mittelbar" angegriffen haben soll, weil es auch dann im Ergebnis wiederum um ein der sog. Sozialsphäre zuzurechnendes kriminelles Verhalten mit Drittbezug geht. Der Bezug (auch) zu eigenen sexuellen Vorlieben des vermeintlichen Täters führt hier auch nicht zur Annahme (zumindest) eines Eingriffs in den "Kernbereich" der eigenen Privatsphäre mit einer entsprechenden Verschiebung d...