Leitsatz (amtlich)
1. Eine einmalige Unterschrift auf einem Blatt einer aus mehreren miteinander nicht verbundenen Blättern bestehenden Niederschrift kann nur dann das Erfordernis einer Unterschrift i.S.v. § 2247 Abs. 1 BGB bezüglich aller Blätter erfüllen, wenn sie inhaltlich ein Ganzes bilden sowie eine einheitliche Willenserklärung enthalten und die Unterschrift diese Willenserklärung abschließt; der textliche Zusammenhang muss unzweifelhaft sein.
2. Dieser inhaltliche Zusammenhang kann nicht allein dadurch hergestellt werden, dass der Erblasser mehrere Schriftstücke zusammenheftet.
Verfahrensgang
AG Euskirchen (Beschluss vom 31.07.2013; Aktenzeichen 3 VI 111/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 4.9.2013 wird der Beschluss des AG - Nachlassgerichts - Euskirchen vom 31.7.2013, 3 VI, 111/13, aufgehoben und der Antrag der Beteiligten zu 1) vom 4.2.2013 auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der am 11.11. oder 12.11.2012 verstorbene J. S. (im Folgenden: Erblasser) war verwitwet und hinterließ ein Kind, den Beteiligten zu 2). Die Beteiligte zu 1) war seine Pflegetochter.
Am 5.5.1992 schloss der Erblasser mit Frau G. G. einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten (UR. Nr. 781/1992 des Notars Schönheit in Euskirchen). Am 27.10.1997 hoben sie diesen Erbvertrag ersatzlos wieder auf (UR. Nr. 1926/1997 des Notars Schönheit in Euskirchen).
Am 7.2.1996 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, das wie folgt beginnt:
"Mein Testament
Hiermit enterbe ich meinen Sohn H ..... S. geb. am 9.3.1946, wohnhaft in Euskirchen ...... aus folgenden Gründen.
..."
Es folgen eine ausführliche Begründung der Enterbung, die Anordnung der Entziehung des Pflichtteils des Sohnes, die Orts- und Datumsangabe sowie die Unterschrift (Bl. 23d. Beiakte des AG Euskirchen - 3 IV 131-133/13).
Am 12.9.2012 verfasste der Erblasser handschriftlich ein Schriftstück, das er mit "Mein Testament" überschrieb und in dem er die Antragstellerin als Alleinerbin einsetzte und u.a. zugunsten seines Enkelkindes A. S., seiner Patentochter I. J., der ihn betreuenden Krankenschwester An. S. und Herrn M. M. Geldvermächtnisse anordnete. Dieses Blatt trägt keine Unterschrift des Erblassers. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Schreibens vom 12.9.2012 verwiesen (Bl. 25d. Beiakte 3 IV 131-133/13).
Es liegt ein weiteres Schriftstück vor (Bl. 24d. Beiakte). Darauf findet sich in der Mitte, mit Kugelschreiber umrandet, folgender maschinengeschriebener mit Lücken versehener Text:
"Mein letzter Wille!
Für den Fall meines Todes setze ich
Frau ...... N ...... N ...... geborene .......
als Alleinerbin ein.
Euskirchen, den ......
Unterschrift."
Die Lücken sind handschriftlich ausgefüllt worden. Es lautet insgesamt daher wie folgt:
"Mein letzter Wille!
Für den Fall meines Todes setze ich
Frau B. N. M. N 1.12.1952 geborene J.
als Alleinerbin ein.
Euskirchen, den 12.9.2012 14:20
Unterschrift J. S.."
Dieses Schriftstück ist am 12.9.2012 auch von den Zeugen An. S. und M. Z. unterschrieben worden.
Es liegen noch 3 weitere mit "Testament (Vollmacht)" überschriebene Schriftstücke vom 16.1.1990 vor, worin der Erblasser die Beteiligte zu 1) zur "Erbin" von 3 Versicherungspolicen zum Zwecke der Bezahlung der Beerdigungskosten bestimmt hat.
Am 4.2.2013 hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist, beantragt (UR. Nr. 166/2013 des Notars Dr. Fetsch in Euskirchen) und die beiden Schreiben vom 12.9.2012, die sie, wie sie behauptet, zusammengeheftet in den Unterlagen des Erblassers vorgefunden habe, vorgelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Erblasser habe sie durch die beiden Schreiben vom 12.9.2012 wirksam zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Es handele sich um ein einheitliches Testament, so dass die Unterschrift auf allen Seiten des Testaments entbehrlich sei. Er habe im Testament vom 12.9.2012 auch auf das Testament vom 7.2.1996 Bezug genommen. Schließlich habe er durch die Formulierung "Das ist mein letzter Wille" zum Ausdruck gebracht, dass er das Testament bezüglich der Erbeinsetzung abschließen wolle.
Der Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat die Meinung vertreten, es liege kein formwirksames Testament vor. Das handschriftliche Schreiben vom 12.9.2012 sei nicht unterschrieben, das andere Schreiben sei nicht handgeschrieben. Durch das Zusammenheften beider Schreiben sei keine einheitliche Urkunde entstanden. Die vorhandene Unterschrift, die im Übrigen nicht vom Erblasser stamme, schließe nicht beide Schreiben als Gesamtheit ab.
Das AG hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 31.5.2013 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen An. S. und M. Z.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.6.2013 verwiesen (Bl. 26 ff. d.A.).
Durch Beschluss vom 31.7.2013 hat das AG die Tatsachen, die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1) beantragten E...