Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 13.04.1995; Aktenzeichen 8 O 664/94)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 19. Juni 1995 gegen den Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13.04.1995 (8 O 664/94) wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Aufgrund eines notariellen Erbvertrages vom 25.2.1992 zwischen den Eheleuten Dr. Dr. R. und deren vier Kindern, von denen der Antragsteller aus der ersten Ehe des Ehemanns stammt, sollte der Antragsteller aufgrund eines Vermächtnisses ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in S. erhalten. Alleinerbin war die Ehefrau R.

Zu seinen Lebzeiten – durch Tauschvertrag vom 13.11.1993/6.4.1994 mit Eigentumsumschreibung vom 16.4.1994 – übertrug der am 14.5.1994 verstorbene Vater das Grundstück aber auf den Antragsgegner, seinen jüngsten Sohn.

In Ziff. IV 1 des Notarvertrages erklärten die Eheleute, die vorstehenden Erklärungen mit erbvertraglicher Bindung gegenseitig anzunehmen. Die Ehefrau behielt sich vor, über die ihr gehörenden oder ihr vermachten Vermögenswerte – bis auf die ihr vermachte Teilfläche des Grundstücks in S. zu Lebzeiten oder von Todes wegen anderweitig zu verfügen. In Ziff. IV 2 erklärten sich die Kinder mit allen im Erbvertrag getroffenen Verfügungen von Todes wegen einverstanden.

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage gegen den Antragsgegner, den jüngsten Sohn des Erblassers, auf Zahlung von 550.000 DM, da mit dem Verkauf an den Antragsgegner gegen eine mit dem Erbvertrag geschlossene Verfügungsunterlassungsvereinbarung verstoßen worden sei. Es handele sich bei der Übertragung wirtschaftlich gesehen nicht um einen Tausch, sondern um eine Schenkung.

Der Antragsteller könne aber auch gem. §§ 138, 826 BGB sowie §§ 2287, 2288 BGB die Herausgabe des geschenkten Grundstücks, hilfsweise Herausgabe der Bereicherung sowie Schadensersatz nach § 826 BGB verlangen.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage verweigert. Der dagegen gerichteten Beschwerde hat es nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gem. § 127 II ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Das Landgericht hat mit Recht eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) verneint.

1)

Aus einer schuldrechtlichen Verfügungsunterlassungsvereinbarung im Erbvertrag, mit der sich der Erblasser verpflichtet hätte, nicht zum Nachteil eines Vertragserben unter Lebenden zu verfügen, ergibt sich der mit der Klage verfolgte Anspruch nicht.

Es ist allerdings formlos und auch stillschweigend möglich, daß sich der Erblasser entgegen § 2286 BGB zur Sicherung eines erbvertraglich Bedachten in dieser Weise schuldrechtlich verpflichtet (BGH FamRZ 1967, 470; Palandt/Edenhofer, 54. Aufl. (1995), § 2286 Rn. 2 m.w.N.). Die Verletzung einer solchen Verpflichtung führt aber nur zu Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Erblasser oder seinen Erben (BGH NJW 1964, 549; Kohler NJW 1964, 1395), nicht aber zu Ansprüchen gegen den Dritten, dem unter Lebenden etwas zugewandt wird. Dritter in diesem Sinne ist auch ein weiterer Vertragspartner des Erbvertrages, der in dem Erbvertrag keine Verfügungen trifft, sondern dem nur etwas zugewendet wird.

2)

Gegen diesen können nur dann Ansprüche aus einer Verfügungsunterlassungsvereinbarung bestehen, wenn er sich seinerseits gegenüber einem Vertragserben oder einem anderen vertraglichen Vermächtnisnehmer verpflichtet hat, vom Erblasser unter Lebenden keine Zuwendungen anzunehmen und mit ihm keine Verträge zu schließen, die der erbvertraglichen Regelung zuwiderlaufen (vgl. BGH WM 1977, 689; Palandt/Edenhofer, 54. Aufl. (1995), § 2276 Rn. 13).

Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß ein stillschweigender Verfügungsunterlassungsvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen ist. Das bloße ursprüngliche gemeinsame Ziel, das Vermögen nach dem Tode in einer bestimmten Weise aufzuteilen, besagt gerade nichts darüber, daß der Erblasser nicht gemäß § 2286 BGB vor seinem Tode frei sein sollte, anderweitig zu verfügen. Bei einer Abweichung vom gesetzlichen Regelfall sind bei einem Notarvertrag mit entsprechender fachkundiger Beratung markante Anhaltspunkte dafür erforderlich, daß eine nicht in den Text aufgenommene Vereinbarung zur Verfügungsunterlassung zu Lebzeiten wirksam zustandegekommen ist (vgl. auch BGH NJW 1973, 240 (242)).

Allein die Regelung in Ziff. II 4 des Erbvertrages mit der Absichtserklärung des Erblassers, die vermachten Grundstücksflächen schon zu Lebzeiten zu übertragen, reicht dazu nicht aus, denn dies war nur eine Absichtserklärung, deren Verwirklichung eben ganz in der Hand des Erblassers lag. Ebenso besagt die ausdrückliche Regelung zur Verfügungsfreiheit der Ehefrau in Ziff. IV 1 des Erbvertrages nicht, daß der Erblassers sich im Gegensatz dazu zur Verfügungsunterlassung zu Lebzeiten verpflichtet hätte.

Fehlt es schon an einer solchen Unterlassungsverpflichtung des Erblassers, bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafü...

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