Entscheidungsstichwort (Thema)
Betäubungsmittelstrafrecht: Betäubungsmitteleigenschaft psilocybinhaltiger Pilze, Nicht geringe Menge, Feststellungen zum Mindestschuldumfang
Leitsatz (redaktionell)
1. Pilze sind Pflanzen i.S. der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG.
2. Bei der Festlegung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ist nicht auf die Gewichtsmenge des Betäubungsmittelgemischs, sondern auf die Wirkstoffmenge abzustellen. In einem zweistufigen Verfahren wird die nicht geringe Menge durch ein Vielfaches der zum Erreichen eines Rauschzustands erforderlichen Wirkstoffmenge bestimmt, und zwar durch das Produkt der üblichen Konsumeinheit und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 15.05.2003; Aktenzeichen 151- 69/03) |
Gründe
I.
Die Angeklagten sind durch das angefochtene Urteil des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen schuldig gesprochen worden. Sie sind verwarnt worden und es ist vorbehalten geblieben, sie jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30,-- Euro zu verurteilen.
Mit ihren Revisionen beantragen die Angeklagten die Aufhebung des angefochtenen Urteils und ihre Freisprechung. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts und tragen hierzu im Wesentlichen vor, die von ihnen vertriebenen psilocybinhaltigen Pilze unterfielen nicht dem Betäubungsmittelgesetz, weil es sich nicht um Pflanzen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BtMG handele. Soweit der Verordnungsgeber im Rahmen der 10. BtMÄndV die Pilze den Pflanzen unterstellt habe, habe er den Stoffbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BtMG unzulässig erweitert. Schließlich meinen die Angeklagten, sie seien einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen.
II.
Das Rechtsmittel hat insofern (vorläufigen) Erfolg, als es gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteil und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Langerichts Köln führt. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts vermögen den Schuldspruch nicht in jeder Hinsicht zu tragen.
Das Landgericht hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:
"Beim Betrieb der Firma _ handelten die Angeklagten u.a. auch mit sog. Duftkissen, die sie einzeln u.a. auf Festivals und ähnlichen Gelegenheiten wie auch an Wiederverkäufer im Großhandel abgaben. Diese Duftkissen waren mit psilocybinhaltigen Pilzen von 1 - 3,0 Gramm gefüllt.
So bezogen sie im August 2000 von der Firma F. in Prag/Tschechien 2000 sog. Duftkissen mit der Bezeichnung N. I zum Stückpreis von 13,50 DM. Hierüber wurde ihnen unter dem 15.08.2000 eine Rechnung erteilt. Danach bezogen die Angeklagten gleiche Duftkissen vom 20.09.2000 bis 20.06.2001 von der Firma W.-I. (Knallgrün), C.straat 8 in Maastricht/Niederlande, weil diese das gleiche Produkt billiger anbot. Über die Lieferung von insgesamt 23.115 Stück Duftkissen stellte die Firma W.-I. den Angeklagten folgende Rechnungen aus:
RechnungsdatumRechnungs-Nr.MengeStückpreisGesamtpreis
(Stück)(NLG)(NLG)
20.09.200067 1.000 10,25 10.250,--
11.10.200071 1.500 10,25 15.375,--
11.10.200072 500 10,25 5.125,--
23.11.200078 1.000 10,25 10.250,--
23.11.200079 1.000 10,25 10.250,--
03.01.200183 1.000 10,25 10.250,--
26.91.299184 1.000 10,25 10.250,--
16.02.200188 1.500 10,25 15.375,--
21.03.200191 2.000 10,25 20.500,--
23.03.200192 250 22,50 5.625,--
06.04.200194 2.000 10,25 20.500,--
06.04.200195 1.00010,25 10.250,--
----- 750gratis gratis
27.04.200198 25022,50 5.625,--
2.00010,25 20.500,--
18.05.2001101 1.00010,25 10.250,--
28.05.2001103 2.00010,25 20.500,--
12.06.2001109 2.00010,25 20.500,--
20.06.2001111 1.36510,25 13.911,25
Gesamt23.115235.366,25
Von den im vorgenannten Zeitraum insgesamt bezogenen 25.115 Stck. sog. Duftkissen verkauften die Angeklagten 19.807 Stck. an 874 gesondert verfolgte Endabnehmer und Wiederverkäufer im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Endabnehmer bezogen Duftkissen in der Ausführung "I." mit 1,0 Gramm Pilzfüllung zum Preise von 49,00 DM, Duftkissen "N. I" mit 2,5 bzw. 3 Gramm Pilzfüllung zum Preis von 35,00 DM sowie einmal elf Duftkissen "N. I" zum Sonderpreis von 350,00 DM. Wiederverkäufer erhielten von der Firma C. C. Duftkissen "N. I" mit 2,5 Gramm Füllung je nach abgenommener Menge zum Stückpreis von 12,00 bis 21,00 DM.
116 Duftkissen "N." wurden am 26.05.2001 bei dem Festival "O.-F." in F. am Verkaufsstand der Angeklagten von der Polizei sichergestellt. Die übrigen Duftkissen haben die Angeklagten nach ihren Angaben nach Inkrafttreten der 15. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften an ihre Lieferanten zurückgeschickt.
Den Angeklagten war bekannt, dass sie für den Besitz, die Abgabe und den Handel mit psilocybinhaltigen Stoffen nach dem Betäubungsmittelgesetz einer Genehmigung bedurften, wenn diese als Betäubungsmittel missbräuchlich verwendet werden sollten. In ihrer Werbung im Internet wiesen sie ausdrücklich darauf hin, dass der Verzehr der in den Duftkissen enthaltenen sog. magischen Pilzen in Deutschland gesetzlich verboten ist. Jedes Kissen wa...