Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung der erstattungsfähigen Reisekosten des beigeordneten auswärtigen Rechtsanwalts
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 13.05.2011; Aktenzeichen 402 F 149/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wir der Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 13.5.2011 - 402 F 149/11 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Beiordnung von Rechtsanwalt G. in T. erfolgt, soweit keine höheren Kosten entstehen, als sie bei Beiordnung eines gerichtsbezirksansässigen Rechtsanwalts und zusätzlicher Beiordnung eines wohnortansässigen Verkehrsanwalts entstehen würden.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend) ist auch überwiegend begründet. Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten erfolgt ohne die Beschränkung "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts", allerdings mit der einschränkenden Maßgabe, dass Mehrkosten infolge der Beiordnung des "auswärtigen" Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nur in Höhe der Gebühren erstattungsfähig sind, wie sie bei Beiordnung eines gerichtsbezirksansässigen Rechtsanwalts durch die weitere Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts entstanden wären. Denn der Antragsteller hätte bei Einschaltung eines gerichtsbezirksansässigen Rechtsanwalts zusätzlich einen weiteren wohnortansässigen Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt einschalten können.
Im Rahmen der zu bewilligenden Verfahrenskostenhilfe nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 121 Abs. 1 und 3 ZPO entsprechend ist in der Regel nur ein bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt beizuordnen, so dass grundsätzlich ein nicht bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt nur dann beigeordnet werden kann, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Entsprechend sind nach§ 126 Abs. 1 Satz 2 HS 1 BRAGO Mehrkosten nicht zu vergüten, die dadurch entstehen, dass der am Prozessgericht zugelassene Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht befindet. Ausnahmsweise kann aber nach § 121 Abs. 4 ZPO ein weiterer Rechtsanwalt u.a. zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, wenn besondere Umstände dies erfordern. Diese Vorschrift geht mit der kostenrechtlichen Vorschrift des § 126 BRAGO einher. Ist ein am Ort des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet worden, stehen ihm nach dieser Vorschrift keine Reisekosten zu; dafür kann in besonders gelagerten Einzelfällen aber ein zusätzlicher Verkehrsanwalt beigeordnet werden (§ 121 Abs. 4 ZPO). Wird hingegen ein nicht am Ort des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter beigeordnet, besteht kein Bedarf für die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts; dafür ist der auswärtige Rechtsanwalt grundsätzlich nach § 126 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BRAGO berechtigt, seine Reisekosten abzurechnen (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2002, 420; OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2002, 340; KG KGReport Berlin 2004, 17; a.A. OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2001, 486). Ordnet das Gericht dem Beteiligten im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe ausnahmsweise einen nicht in seinem Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalt bei, was ihr zugleich die Möglichkeit nimmt, die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 124 Abs. 4 ZPO zu erlangen, kann es dem Verfahrensbevollmächtigten deswegen nicht stets durch die beschränkte Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zugleich die Möglichkeit der Erstattung von Reisekosten nach § 126 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BRAGO nehmen. Eine solche beschränkte Beiordnung ist vielmehr nur dann möglich, wenn auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten, weil "besondere Umstände" i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts hat das Gericht also immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dieses nicht der Fall ist, darf es einen von der Partei nach § 121 Abs. 1 ZPO gewählten auswärtigen Prozessbevollmächtigten "zu den Bedingungen eines gerichtsbezirksansässigen Rechtsanwalts" mit den Folgen des § 126 Abs. 1 Satz2 HS 1 BRAGO beiordnen.
Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO liegen indessen vor. Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen "besonderer Umstände" erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (Zöller/Geimer ZPO, 28. Aufl. 2010, § 121 Rz. 20). Dabei ist eine zusätzliche Beiordnung nach § 121 Abs. 4 ZPO dann geboten, wenn die Kosten des weiter beizuordnenden Rechtsanwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nach § 126 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BRAGO nicht (wesentlich) übe...