Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsvoraussetzungen nach Art. 166 türk. ZGB
Leitsatz (amtlich)
Sind beide Eheleute türkische Staatsangehörige richtet sich der Scheidungsantrag gem. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nach türkischem Zivilgesetzbuch (ZGB).
Stützt der Antragsteller seinen Antrag auf den Scheidungsgrund der Zerrüttung nach Art. 166 türk. ZGB, greift die Zerrüttungsvermutung des Art. 166 Abs. 3 und 4 türk. ZGB nicht ein, wenn die Antragsgegnerin dem Antrag nach Art. 166 Abs. 2 türk. ZGB wirksam widerspricht. Der Antragsteller hat in diesem Fall die Zerrüttung, die das Festhalten an der Ehe unzumutbar macht, substantiiert darzulegen und im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren glaubhaft zu machen.
Das Widerspruchsrecht kann nach dem türkischen ZGB auch dann, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und voraussichtlich nicht mehr hergestellt werden kann, eröffnet sein. In diesem Fall ist Voraussetzung für die begehrte Scheidung nach Art. 166 Abs. 1 türk. ZGB, das dem widersprechenden Teil zumindest ein geringes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe angelastet werden kann (vgl. u.a. OLG Hamm FamRZ 2000, 1577). Der zu fordernde substantiierte Vortrag zum "geringen Verschulden" ist nach der von der deutschen Rechtsprechung geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Türkei Voraussetzung für eine Zerrüttungsscheidung nach Art. 166 Abs. 1 des Türkischen ZGB (vgl. u.a. OLG Hamm, a.a.O.). Bei einem Widerspruch gegen die Scheidung werden die verschuldensunabhängigen Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert.
Allein die Zerrüttung der Ehe und eine mehrjährige Trennung lässt einen Widerspruch noch nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Widerspruch nur erfolgt, um einen Ehegatten böswillig an dem formalen Eheband festhalten zu lassen.
Normenkette
Türk. ZGB Art. 166; EGBGB Art. 14 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 31.08.2010; Aktenzeichen 33 F 184/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 31.8.2010 - 33 F 184/10 -, mit welchem sein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für vorliegendes Scheidungsverfahren zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114, 115, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO analog zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsteller die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verweigert, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Ehescheidungsvoraussetzungen nach türkischem Recht vorliegen.
Zu Recht geht das Familiengericht davon aus, dass sich der Scheidungsantrag aufgrund der beiderseitigen türkischen Staatsangehörigkeit der Eheleute gem. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nach türkischem Zivilgesetzbuch (ZGB) richtet, wobei sich der Antragsteller auf den Scheidungsgrund der Zerrüttung stützt. Zutreffend ist auch das Familiengericht davon ausgegangen, dass, da die Zerrüttungsvermutung des Art. 166 Abs. 3 und 4 türkisches ZGB wegen des Widerspruchs der Antragsgegnerin nicht gegeben ist, der Antragsteller die Zerrüttung, die das Festhalten an der Ehe unzumutbar macht, substantiiert darzulegen und im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren glaubhaft zu machen hat. Hieran fehlt es aber. Der Tatsachenvortrag des Antragstellers zur Zerrüttung der Ehe ist derzeit nicht schlüssig.
Wenn der Scheidungsantrag auf Art. 166 des türkischen ZGB gestützt ist, kann die Gegenseite nach Art. 166 Abs. 2 des türkischen ZGB der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen. Das Widerspruchsrecht kann nach dem türkischen ZGB auch dann, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und voraussichtlich nicht mehr hergestellt werden kann, eröffnet sein; die deutschen Gerichte haben diese Entscheidung des türkischen Gesetzgebers zu beachten. In diesem Fall ist Voraussetzung für die begehrte Scheidung nach Art. 166 Abs. 1 türkisches ZGB, das dem widersprechenden Teil zumindest ein geringes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe angelastet werden kann (vgl. u.a. FamRZ 2000, 1577). Der Vortrag des jeweiligen Antragstellers darf hier nicht formelhaft respektive pauschal erfolgen, um ein auch nur geringes Verschulden der Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe belegen zu können. Der zu fordernde substantiierte Vortrag zum "geringen Verschulden" ist nach der von der deutschen Rechtsprechung geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Türkei Voraussetzung für eine Zerrüttungsscheidung nach Art. 166 Abs. 1 des Türkischen ZGB (vgl. u.a. OLG Hamm, a.a.O.). Bei einem Widerspruch gegen die Scheidung werden die verschuldensunabhängigen Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert. Vielmehr ist von einem Alleinverschulden des klagenden Ehegatten auszugehen, wenn ein auch nur geringes Verschulden des widersprechenden Teils ...