Leitsatz
Das OLG Köln hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen eines schlüssigen Scheidungsantrages nach Art. 166 türk. ZGB auseinandergesetzt. Der Ehemann berief sich auf die Zerrüttung der Ehe, die Ehefrau widersprach der Ehescheidung.
Sachverhalt
Der Ehemann berief sich auf die Zerrüttung der Ehe nach türkischem Scheidungsrecht und verwies hierzu auf die mehrjährige Trennung der Beteiligten und den Umstand, dass die Ehefrau sich auch vor der Trennung häufig nicht zu Hause im Familienheim aufgehalten habe. Er beantragte für das Ehescheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe.
Im Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren widersprach die Ehefrau der Ehescheidung und verwies darauf, dass ihre häufige Abwesenheit auf ihre Erwerbstätigkeit in der Gastronomie zurückzuführen gewesen sei und sie durch diese Tätigkeit ganz erheblich zum Unterhalt der Familie beigetragen habe.
Das Familiengericht hat den Verfahrenskostenhilfeantrag des Ehemannes zurückgewiesen.
Die hiergegen von ihm eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG bestätigte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der VKH-Antrag abzuweisen war.
Nach der Rechtsprechung des türkischen Kassationshofes setze die Annahme einer Zerrüttung wenigstens ein geringes Verschulden auf der Antragsgegnerseite voraus. Die türkische Rechtsprechung gestehe - entgegen dem Gesetzeswortlaut - dem Alleinschuldigen nicht das Recht zur Scheidungsklage zu. Der Vortrag des jeweiligen Antragstellers dürfe nicht formelhaft oder pauschal erfolgen, um ein nur geringes Verschulden der Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe belegen zu können. Bei einem Widerspruch gegen die Ehescheidung würden die verschuldensunabhängigen Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert. Vielmehr sei von einem Alleinverschulden des klagenden Ehegatten auszugehen, wenn auch nur geringes Verschulden des widersprechenden Teils nicht festzustellen sei.
Allein die Zerrüttung der Ehe und eine mehrjährige Trennung lasse den Widerspruch der Ehefrau gegen die Scheidung noch nicht als rechtsmißbräuchlich erscheinen. Es müssten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Widerspruch nur erfolge, um einen Ehegatten böswillig an dem formalen Eheband festhalten zu lassen.
Hiervon könne im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Insbesondere könne nicht festgestellt werden, dass sie ein geringes Verschulden an der behaupteten Zerrüttung treffe. Insoweit bedürfe es auch keiner weiteren Sachaufklärung im Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren durch eventuelle Zeugeneinvernahme.
Zutreffend weise der Antragsteller selbst daraufhin, dass dem entscheidenden Richter bei der Prüfung der Zerrüttungsvoraussetzung ein gewisser Ermessensspielraum zustehe. Dieser könne vorliegend nur dahingehend ausgeübt werden, dass eine Zerrüttung nicht festgestellt werden könne.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 15.10.2010, 4 WF 177/10