Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 327/20) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 29.09.2020 (28 O 327/20) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 13.10.2020 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann zur Meidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung (Bl. 373 ff. d.A.) und im Nichtabhilfebeschluss (Bl. 443 d.A.) Bezug genommen werden. Das Vorbringen des Antragsstellers, insbesondere in der Beschwerdeschrift vom 09.10.2020 (Bl 390 ff. d.A.) bietet nur noch Anlass zu nachstehenden Ergänzungen durch den Senat:
1. Soweit der Antragsteller mit dem Hauptantrag eine identifizierende Berichterstattung über den Antragsteller "im Zusammenhang mit der standeswidrigen Bewerbung und/oder der standeswidrigen Durchführung von Schönheitsbehandlungen in seinen Räumlichkeiten...." angreift und dies als Fall einer unzulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung eingeordnet wissen will, trägt das auch aus Sicht des Senats so nicht.
a) Richtig ist allerdings, dass die Grundsätze der identifizierenden Verdachtsberichterstattung nicht nur dann gelten, wenn über strafrechtlich relevantes Verhalten, Ermittlungs- oder Strafverfahren identifizierend berichtet wird. Denn auch die Äußerung eines tatsächlichen Verdachts betreffend ein sonstiges sozial oder moralisch verwerfliches Verhalten ist im Grundsatz durchaus unter dieses Rechtsinstitut zu fassen. Unterschiede gegenüber der Verdachtsberichterstattung über Straftaten ergeben sich dann vor allem beim Maß des für die Zulässigkeit der identifizierenden Berichterstattung erforderlichen berechtigten Interesses und bei Fragen der nur in Strafrechtsfragen eingreifenden sog. Unschuldsvermutung (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Senat v. 28.06.2018 - 15 U 150/17, BeckRS 2018, 16334 Rn. 17 m.w.N.; Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 12 f.; jedenfalls im Ergebnis auch Senat v. 20.01.2014 - 15 W 1/14, BeckRS 2014, 17496 Rn. 4). Das hat auch das Landgericht zutreffend erkannt. Ergänzt sei hier nur noch, dass die bei der ersten im Beitrag gezeigten Behandlerin angesprochenen strafrechtlichen Vorwürfe ("..Das ist ne Körperverletzung, was sie da gerade macht. ... Wir reden hier auch nicht über ein Kavaliersdelikt...", vgl. 00:09 und vor allem 08:48 ff.) in Bezug auf den Antragsteller gerade nicht geäußert und wiederholt worden sind.
b) Doch auch ein Fall einer nicht strafrechtlichen Verdachtsberichterstattung liegt hier - anders als der Antragsteller meint - nicht vor. Zwar teilt der Senat durchaus die Einschätzung, dass der Antragsteller als solches erkennbar ist, zumal insbesondere der bei 09:28 kurz eingeblendete Internetauftritt der "A" an unverpixelter Stelle deren Layout etc. erkennen lässt, was eine Zuordnung erleichtern würde und Hausflur/Wohnung/Wohnumgebung und weitere Zusatzangaben für eine Zuordnung im erweiterten Bekannten- und Kundenkreis fraglos ausreichen.
Vorliegend wird jedoch nicht über aus Sicht der Antragsgegnerin und/oder des durchschnittlichen Rezipienten ungeklärte Tatsachenfragen berichtet, sondern es werden in dem angegriffenen Beitrag allein unstreitige Tatsachen und Anknüpfungspunkte geschildert bzw. gefilmt und inhaltlich bewertet und kommentiert; mit einer Verdachtsberichterstattung hat dies nichts gemein. Hätte sich der Antragsteller - was tunlich ist und sich bei der Berichterstattung über einen strafrechtlichen Verdacht auch im Antrag niederzuschlagen hat, der dort regelmäßig den Tatvorwurf als solchen nennt - bei der Antragsfassung die auf S. 3 und 20 der Antragsschrift (Bl. 9 und 26 d.A.) aufgezählten Vorwürfe bzw. (angeblichen) "Verdachtsberichterstattungen" näher vor Augen geführt, hätte ihm eingeleuchtet, dass es sich jeweils um Bewertungen der im Kern unstreitigen tatsächlichen Umstände handelt und gerade nicht um die Äußerung von im Moment der Berichterstattung ungeklärten und offenen Tatsachen und Fragen, wie sie einer Verdachtsberichterstattung aber - nomen est omen - ureigen sind. Deswegen geht insbesondere auch der Vorwurf einer fehlenden Anhörung auf S. 12/21 ff. der Antragsschrift (Bl. 18/27 ff. d.A.) fehl, weil keine tatsachenbezogenen Verdachtsäußerungen - als konkretes tatsächlicher Substrat vermeintlicher Vorwürfe (so letztlich aber offenlassend Senat v. 14.02.2017 - 15 U 7/17, BeckRS 2017, 109223 Rn. 13) - Gegenstand der Berichterstattung sind, sondern nur das geschäftliche Treiben des Antragstellers in seiner sog. Sozialsphäre auf Basis unstreitig wahrer Tatsachen - zugegeben äußerst - kritisch beleuchtet wird.
Gerade letzteres war übrigens im mit Blick auf Art. 46 Abs. 1 EMRK vom Antragsteller zitierten Fall des EGMR (v. 10.07.2014 - 48311/10, NJW 2015, 1501 - B AG/Deutschland Nr. 2) anders, weil es dort um die (unklaren) inneren Beweggründe (= sog. innere Tatsachen) des Altbundeskanzlers bei der Entscheidung zu Neuwahlen ging und die Frage, ob...