Leitsatz (amtlich)

Auch dann, wenn für einen Betroffenen relativ weitreichende Betreuung mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge einschließlich Postkontrolle angeordnet ist, muss nicht in jedem Fall, in dem über die Vergütung des Betreuers aus dem Vermögen des Betreuten zu entscheiden ist, ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Es kommt in diesen Fällen auf den jeweiligen Einzelfall an, inwieweit der Betroffene die Reichweite der Anträge erfassen und sich zu ihnen äussern kann.

 

Normenkette

FGG § 67

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 4 T 623/01, 674/01)

AG Bonn (Aktenzeichen 36 XVII E 287)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Bonn vom 16.11.2001 – 4 T 623 und 674/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Für den Betroffenen war am 10.5.1994 Betreuung angeordnet worden mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge (einschließlich Postkontrolle). Die Betreuung wurde im Jahre 1997 um den Einwilligungsvorbehalt für die Wirkungskreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung erweitert. Mit Beschluss vom 27.11.1998 wurde der bisherige Betreuer entlassen und die Beteiligte zu 3) zur neuen Betreuerin des Betroffenen bestellt. Am 27.9.1999 verlängerte das AG die Betreuung, nunmehr aber mit einer alle Aufgabenkreise umfassender Postkontrolle aber ohne jeden Einwilligungsvorbehalt. Die auf ihren Antrag für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 17.11.1998 bis zum 29.6.2000 ergangenen Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 30.3.2000 und 16.8.2000 (Bl. 735 + 736 GA) über insgesamt ca. 36.000 DM sind dem Betroffenen persönlich am 3.9.2000 bzw. 22.8.2000 zugestellt worden. Durch Beschluss vom 16.8.2001 ist die Beteiligte zu 3) aus dem Betreueramt entlassen und die Beteiligte zu 2) auf Vorschlag des Betroffenen zur neuen Betreuerin bestellt worden. Diese legte im Oktober 2001 gegen die vorgenannten beiden Vergütungsbeschlüsse im Namen des Betroffenen sofortige Beschwerde ein.

Das LG hat die sofortigen Beschwerden nach einem entsprechenden vorherigen Hinweis wegen Verfristung als unzulässig verworfen und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die zweiwöchige Beschwerdefrist sei mit der persönlichen Zustellung der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse an den Betroffenen in Lauf gesetzt worden, mit der diese dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden sind (§ 16 Abs. 2 S. 1 FGG). Auf die Frage, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Zustellungen geschäftsfähig war, komme es in diesem Zusammenhang nicht an, da Zustellungen auch an geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen erfolgen müssen, wenn diese ihre Rechte als Beteiligte im Verfahren selbst wahrnehmen können. Nur wenn der Betroffene die Bedeutung einer Verfahrenshandlung nicht erkennen kann, könne und müsse dem mit der Bestellung eines Verfahrenspflegers begegnet werden. Anhaltspunkte dafür, der Betroffene vorliegend außer Stande war, die Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung sowie die Folgen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels zu erkennen, seien nicht gegeben. Der Betroffene leide an einer Psychose, wobei zum Zeitpunkt der Begutachtung im Jahre 1997 die paranoiden Symptome, insbesondere ein Gefühl der Verfolgung und Beeinflussung durch den Vater und Übertragung der Ängste durch die Mutter, im Vordergrund standen. Der Betroffene sei indes nach den Feststellungen der Sachverständigen bewusstseinsklar, allseits orientiert und denkgeordnet – seine Intelligenz liege im oberen Normbereich bzw. im Durchschnittsbereich.

Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gem. §§ 56g Abs. 5, 22, 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft. Das LG hat das Rechtsmittel gem. §§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

Die Rechtsbeschwerde hat indes keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Ohne Rechtsfehler ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass das AG nicht verpflichtet war, dem Betroffenen für die Zustellung der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse einen Verfahrenspfleger (§ 67 FGG) zu bestellen.

Die zu entscheidende Frage war allerdings, ob schon früher, d.h. bereits im Rahmen seiner Anhörung zu den Vergütungsfestsetzungsanträgen der Beteiligten zu 3) dem Betroffenen ein Verfahrenspfleger zu bestellen war. Gemäß § 56g Abs. 4 S. 1 FGG ist nämlich der Betreute im Fall der gerichtlichen Festsetzung gegen ihn gerichteter und aus seinem Vermögen zu erfüllender Vergütungsansprüche des Betreuers zu hören. Für diese Anhörung kann insbesondere zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die Bestellung eines Verfahrenspflegers unter der Voraussetzung des § 67 FGG geboten sein (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 56g Rz. 11), d.h. soweit „dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist”. Die in § 67 A...

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