Leitsatz (amtlich)
Werden erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben, so ist die Terminsgebühr nach dem vollen Streitwert der Hauptsache zu bemessen und nicht nach dem Kostenwert.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3104; ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 28.10.2005; Aktenzeichen 13 O 70/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 452,40 EUR
Gründe
I. Mit Schriftsatz vom 23.8.2005, der einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung (25.8.2005) einging, teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sowohl dem Gericht als auch dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten mit, er habe den streitgegenständlichen Betrag in voller Höhe zu dessen Händen angewiesen. Tags darauf erklärten die Parteien den Rechtsstreit im Termin übereinstimmend für erledigt, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärt hatte, das Geld sei gestern von seinem Konto abgebucht worden. Mit gesondertem Beschluss legte das LG dem Beklagten gem. § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreites auf. Zugleich setzte es den Streitwert bis zum 25.8.2005, dem Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung, auf 10.000 EUR fest, ab diesem Zeitpunkt auf die Kosten des Rechtsstreites.
Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u.a. einen 1,2 Terminsgebühr nach dem vollen Streitwert von 10.000 EUR. Die Rechtspflegerin hat antragsgemäß Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seinem Rechtsmittel. Es ist der Ansicht, die Wahrnehmung des Verhandlungstermins sei nur vom Kosteninteresse getragen gewesen, so dass der Bemessung der Terminsgebühr allein die bis dahin angefallenen Kosten zugrunde zu legen seien. Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.v.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin eine 1,2 Terminsgebühr nach dem Streitwert der Hauptsache wie beantragt festgesetzt.
Für das Entstehen einer Terminsgebühr, die sowohl die bisherige Verhandlungs- als auch die Erörterungsgebühr, § 31 Abs. 1 Nr. 2, 4 BRAGO, abgelöst hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob im Termin ein Antrag gestellt oder der Sachverhalt erörtert wird. Die reine Anwesenheit des Anwalts im Termin ohne Abgabe irgendwelcher Erklärungen reicht bereits aus (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller/Rabe, RVG, 16 Aufl., Vorbem. 3 RVG-VV Rz. 18; Gebauer/Hembach/N.Schneider, RVG, 2. Aufl., RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 81, 149 f.). Ebenso bedeutungslos ist es unter der Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, ob streitig verhandelt wird oder nicht (Gebauer/Hembach/N.Schneider, RVG, 2. Aufl., RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 81, 149 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rz. 59).
Aus alledem folgt, dass eine Terminsgebühr in voller Höhe nach dem Streitwert der Hauptsache anfällt, wenn die Parteien erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung übereinstimmende Erledigungserklärungen abgeben. Dass ggf. nur noch die Frage streitig ist, wer die Kosten des Rechtsstreites trägt, ändert nichts daran, dass ein Termin stattgefunden hat (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller/Rabe, RVG, 16 Aufl., Nr. 3104 RVG-VV Rz. 108; Gebauer/Hembach/N.Schneider, RVG, 2. Aufl., Rz. 149). Erst durch die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien wird der Gegenstand auf das Kosteninteresse reduziert (Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., RVG-VV Teil 3 Vorbem. 3 Rz. 33, 51). Da die Erledigung der Hauptsache gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO allerdings auch schriftsätzlich abgegeben werden kann, reduziert sich der Gegenstand in einem solchen Fall bereits in dem Zeitpunkt auf das Kosteninteresse, in dem die beiden übereinstimmenden Erklärungen der Parteien schriftsätzlich vorliegen (Gebauer/Hembach/N.Schneider, RVG, 2. Aufl., RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 153 f., Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller/Rabe, RVG, 16 Aufl., Nr. 3104 RVG-VV Rz. 107; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., RVG-VV Teil 3 Vorbem. 3 Rz. 33, 51).
Im vorliegenden Fall hatte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 23.8.2005 sowohl dem Gericht - Eingang dort am 24.8.2005 - als auch dem gegnerischen Kollegen mitgeteilt, dass der streitgegenständliche Betrag gezahlt bzw. überwiesen sei. Rein zeitlich gesehen war es damit den Prozessbevollmächtigten des Klägers schon gar nicht mehr möglich, vor dem auf den 25.8.2005 anberaumten Termin eine Erledigungserklärung per Schriftsatz abzugeben. Da solches erst mündlich im Termin erfolgt ist, ist für die Berechnung der Terminsgebühr nach dem oben Dargelegten der Wert der Hauptsache mit der Folge maßgebend, dass der sofortigen Beschwerde der Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen