Tenor
1. Auf die Beschwerde des Kindesvaters vom 29.01.2024 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kerpen vom 22.12.2023 (151 F 124/22) aufgehoben und die gemeinsame elterliche Sorge wieder vollumfänglich hergestellt.
2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die seit März 2021 getrenntlebenden und seit April 2024 geschiedenen Eltern der verfahrensbetroffenen Kinder Y. ..., geboren am ...2011, und I. ..., geboren am ...2017.
Im Juni 2021 war es zu einem ersten Verfahren gekommen (151 F 108/21), nachdem der Kindesvater die Kindesmutter der körperlichen Gewalt gegenüber der Kinder beschuldigt hatte. Die Kindeseltern machten sich gegenseitig schwere Vorwürfe und wiesen sich durch ein hohes Konfliktpotential aus. Aufgrund eines durch das Jugendamt eingesetzten ambulanten Clearings hatte sich die Situation in der Familie wieder entspannt. Im Bericht des Jugendamtes vom 16.07.2021 heißt es dazu, seit der Trennung könnten die Eltern nicht mehr miteinander sprechen, die gegenseitigen Anschuldigungen würden sich häufen.
In der Folgezeit sind folgende Verfahren anhängig geworden:
- E.A. Sorgerecht, Az: 151 F 108/21
- E.A. Aufenthaltsbestimmungsrecht, Az.: 151 F 123/22
- Sorgerecht (Hauptsacheverfahren), Az.: 151 F 124/22
- Umgang (Hauptsacheverfahren), Az.: 151 F 34/22
- E.A. Umgang, Az.: 151 F 129/22
- Umgang (Hauptsache), Az.: 151 F 158/22
- Umgang, Az.: 151 F 9/23
- E.A. Sorgerecht, Az.: 151 F 16/23
- Sorgerecht/Ergänzungspflegschaft, Az.: 151 F 46/23
Seit dem 01.08.2022 war eine Familienhilfe sowohl für die Kindesmutter als auch für den Kindesvater tätig. Im Trägerbericht vom 12.08.2022 ist von einem "massiven Elternkonflikt" die Rede, der auch durch die Familienhilfe nicht gemildert werden konnte. Seit Monaten würden die Kinder vehement jeden Kontakt - auch brieflichen - durch die Mutter ablehnen, was "ungewöhnlich und entwicklungsuntypisch" sei.
Das hiesige Verfahren wurde durch eine Anregung auf Einleitung eines Verfahrens nach §§ 1666, 1666a BGB des zuständigen Jugendamtes vom 22.09.2022 eingeleitet. In dem verfahrenseinleitenden Bericht heißt es, die Familie sei dem Jugendamt seit März 2021 aufgrund einer Polizeimeldung bekannt. Die Kinder hätten zunächst gemäß ihren Wünschen ihren Aufenthalt bei der Kindesmutter gehabt, am Wochenende 17./18.09.2022 hätte sich der ältere Sohn Y. aber bei der Polizei gemeldet und habe angegeben, von seiner Mutter in den vergangenen Wochen mehrmals geschlagen worden zu sein. Y. sei daraufhin in den väterlichen Haushalt gewechselt. Die Polizei sei in den Haushalt der Kindesmutter gefahren, in dem der jüngere Sohn I. geäußert habe, Y. lüge und die Kindesmutter würde die Kinder nicht schlagen. Wenige Tage später seien beide Kinder gemeinsam mit dem Kindesvater im Jugendamt erschienen und Y. habe hier seine Anschuldigungen wiederholt. Er sei zum Jugendamt gekommen, damit dieses entscheiden könne, wo die Kinder dauerhaft leben sollten. Y. habe seinen Bruder gedrängt, seine Angaben zu bestätigen, was dieser zunächst verweigert, schließlich jedoch gemacht habe. Der Kindesvater habe daraufhin die Kinder nicht zur Kindesmutter zurückgebracht. Die Kinder befänden sich in einem massiven Loyalitätskonflikt und ständen zwischen ihren Eltern. Das Jugendamt hat angeregt, eine Ergänzungspflegschaft im Bereich Aufenthaltsbestimmungsrecht einzusetzen sowie ein familienpsychologisches Gutachten einzuholen.
Dieser Anregung hat sich die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 18.10.2022 angeschlossen. Sie gehe davon aus, dass der Kindesvater die Kinder instrumentalisiere und gegen sie aufbringe. Die Anschuldigungen der körperlichen Gewalt seien unzutreffend. Diese Vermutung hat die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 21.11.2022 wiederholt.
Das Amtsgericht hat die Kinder ein erstes Mal am 10.11.2022 gemeinsam angehört. Y. hat gegenüber dem Amtsgericht berichtet, er und sein Bruder lebten seit ungefähr einem Monat bei ihrem Vater, weil seine Mutter sie geschlagen und eingesperrt hätte. Seine Mutter hätte sie einfach so auf den Kopf geschlagen, indem sie mit der Hand gedrückt habe. Nachdem er zu seinem Vater gezogen sei, habe die Mutter ihm Briefe geschrieben, das habe ihm nicht gefallen. Im Rahmen der mündlichen Anhörung der übrigen Beteiligten am 16.12.2022 hat das Amtsgericht versucht, eine Umgangsvereinbarung zwischen den Kindeseltern zustande zu bringen. Danach erklärte der Kindesvater laut Protokoll, er würde Umgangskontakten nur zustimmen, wenn die Kindesmutter auf Unterhalt verzichte.
Mit Beschluss vom 23.12.2022 hat das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB angeordnet.
Das Jugendamt hat in der Folgezeit berichtet, dass die Anbahnung von Umgängen daran gescheitert sei, dass sich die Kinder massiv geweigert hätten, ins Auto einzus...