Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zurechnung arglistigen Verhaltens des Herstellers an Verkäufer
Leitsatz (amtlich)
1. Arglistiges Verhalten des Fahrzeugherstellers im Zusammenhang mit manipulierter Abgas-Software ist grundsätzlich dem Vertragshändler nicht zuzurechnen (Anschluss an die insoweit völlig h.M.).
2. Ein Kaufvertrag über ein Dieselfahrzeug mit manipulierter Abgas-Software ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung) nach § 134 BGB nichtig.
Normenkette
BGB §§ 123, 134, 166, 278, 323, 346, 433, 437; EG-FGV § 27
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 1 O 234/16) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.4.2017verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 1 O 234/16 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin, die von der Beklagten, einer W-Vertragshändlerin, einen am 13.10.2012 ausgelieferten PKW B X mit Dieselmotor gekauft hat und die nach Bekanntwerden des Abgasskandals mit Schreiben vom 21.1.2016 vom Vertrag zurückgetreten ist, hat die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises von 42.140,61 EUR Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung, mit der die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt, wendet sie sich gegen die Auffassung des Landgerichts, dass der Rücktritt wegen einer nur unerheblichen Pflichtverletzung ausgeschlossen sei. Ferner macht sie geltend, dass Mängelansprüche nicht verjährt seien, weil der Beklagten das arglistige Verhalten der Herstellerin zuzurechnen sei. Hierzu wiederholt sie ihr Vorbringen aus der Klageschrift.
II. Die Berufung der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 14.6.2018 verwiesen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist. Die Stellungnahme der Klägerin vom 11.7.2018 rechtfertigt keine andere Beurteilung.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB nicht die Rückzahlung des Kaufpreises von 42.140,61 EUR Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW B X verlangen.
Der Rücktritt ist gemäß § 218 Abs. 1 BGB unwirksam, weil Mängelansprüche bei Abgabe der Erklärung verjährt waren und die Beklagte sich hierauf berufen hat. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Beklagte sich als Vertragshändlerin ein arglistiges Verhalten der B AG als Fahrzeugherstellerin sowie der W AG und ihrer Mitarbeiter nicht zurechnen lassen muss. Der Schriftsatz vom 11.7.2018 enthält hierzu keine neuen Gesichtspunkte. Der nochmals angeführte Umstand, dass der Vertragshändler an Vorgaben des Herstellers gebunden ist, etwa bei der Gestaltung seines öffentlichen Auftritts, bei der Verwendung von Prospekten, bei der Gestaltung der Verkaufsräume und der Firmenwerbung, ändert nichts daran, dass der durchschnittliche Fahrzeugkäufer zwischen Hersteller und Vertragshändler unterscheiden kann und unterscheidet, zumal letzterer - wie die Beklagte - unter der eigenen Firma nach außen auftritt.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW B X aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu.
Entgegen der erstmals im Schriftsatz vom 11.7.2018 geäußerten Auffassung ist der im Jahr 2012 geschlossene Kaufvertrag nicht gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 27 Abs. 1 EG-FGV (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung) nichtig. Danach dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgeschrieben ist, im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind.
a) Die Klägerin hat schon nicht schlüssig dargelegt, dass der im Jahr 2012 veräußerte PKW B X keine gültige Übereinstimmungsbescheinigung hatte. Wie aus den weiteren Regelungen der EG-FGV, insbesondere §§ 6, 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV, folgt, liegt eine gültige Übereinstimmungsbescheinigung vor, wenn das Fahrzeug, für das sie ausgestellt ist, tatsächlich dem genehmigten Typ entspricht. Eine tatsächl...