Leitsatz (amtlich)

1. Eine sofortige Beschwerde im Arzthaftungsbeweisverfahren ist unzulässig, soweit sie sich gegen eine begehrte Verfahrensanordnung auf Beiziehung von Behandlungsunterlagen durch das Gericht oder den Sachverständigen oder die ausdrückliche Anordnung einer körperlichen Untersuchung richtet. Beweisbeschlüsse - auch im selbstständigen Beweisverfahren - sind insoweit grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar, sondern nur in Verbindung mit einem Rechtsmittel in der Hauptsache.

2. Beweisfragen an den Sachverständigen, ob es eine gleichwertige Behandlungsalternative zu dem tatsächlich erfolgten Eingriff gab, sind im Beweisverfahren zuzulassen, da diese Frage der Begutachtung durch den Sachverständigen zugänglich ist und sinnvollerweise nur durch ihn beantwortet werden kann. Die Klärung dieses Punktes ist i.S.v. § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO grundsätzlich geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden und es spricht nichts dagegen, einen konkret bezeichneten Aufklärungsfehler im selbstständigen Beweisverfahren "miterledigen zu lassen".

3. Die Frage, ob ein Patient tatsächlich über bestehende Behandlungsalternativen aufgeklärt wurde, ist nicht durch einen Sachverständigen zu klären und kann daher nicht Gegenstand des Arzthaftungsbeweisverfahrens sein.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 25 OH 3/19)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 21.5.2019 wird der Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9.5.2019 - 25 OH 3/19 in Verbindung mit dem Beschluss vom 11.7.2019 (gleiches Az.) insoweit abgeändert, als auch Beweis erhoben werden soll durch Einholung des bereits angeordneten Sachverständigengutachtens über die Frage, ob aus der ex-ante- Betrachtung zum 6.4.2018 bzw. zum 31.8.2018 zu dem jeweiligen operativen Eingriff es gleichwertige Behandlungsalternativen gegeben hätte.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wirft den Antragsgegnern vor, ihn im Zusammenhang mit zwei chirurgischen Eingriffen (6.4.2018 und 31.8.2018) an der rechten Hand fehlerhaft behandelt zu haben und ihn zudem nicht hinreichend über Behandlungsalternativen aufgeklärt zu haben. Mit Antrag vom 2.3.2019 hat er die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Fragen des gegenwärtigen Gesundheitszustandes, der dem zugrunde liegenden Ursachen, der Einordnung etwaiger Fehler als grobe Fehler, der möglichen Alternativen zu den operativen Eingriffen, der insoweit hinreichenden Aufklärung des Antragstellers, der Vollständigkeit der Dokumentation und der Art und der Erfolgsaussichten einer Therapie des derzeitigen Zustandes. Er hat ferner beantragt, dem Sachverständigen aufzugeben, den Antragsteller zu untersuchen, die Behandlungsdokumentationen der Antragsgegner sowie einiger anderer Behandler beizuziehen, hilfsweise dem Sachverständigen diese Beiziehung aufzugeben. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kammer die begehrten Beweisanordnungen hinsichtlich der Fragen zum gegenwärtigen Gesundheitszustand, zu dessen Ursachen, zu einer etwaigen fehlerhaften Behandlung und zu den Therapiemöglichkeiten getroffen, ferner mit Beschluss vom 11.7.2019 auch die Fragen zur Vollständigkeit der Dokumentation zugelassen. Die Fragen zur Aufklärung hat die Kammer nicht zugelassen. Die Anträge zur Beiziehung der Behandlungsunterlagen und zu Anordnungen an den Sachverständigen sind nicht ausdrücklich beschieden worden. Die Beschwerde richtet sich gegen die Abweisung der sachlichen Anträge bzw. Nichtberücksichtigung der Verfahrensanträge.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die begehrten Verfahrensanordnungen richtet (Beiziehung der Unterlagen durch die Kammer oder den Sachverständigen, ausdrückliche Anordnung einer körperlichen Untersuchung). Zur Begründung wird auf die Beschlüsse des Senats vom 15.5.2019 (5 W 3/19) und 12.8.2019 (5 W 22/19) verwiesen. Der Senat hat darin die ständige Rechtsprechung von BGH und Senat bestätigt, wonach Beweisbeschlüsse grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar sind, sondern nur in Verbindung mit einem Rechtsmittel in der Hauptsache. Dies gilt auch für das selbständige Beweisverfahren. Dazu gehören ebenso die Ablehnung von Anträgen auf Beiziehung von Unterlagen nach § 142 ZPO bzw. die entsprechende Anweisung an den Sachverständigen wie die unterlassene ausdrückliche Anordnung an den Sachverständigen, den Antragsteller körperlich zu untersuchen (was sich im Übrigen angesichts der Fassung der Beweisfragen von selbst verstehen dürfte, da eine sachgerechte Beantwortung der Fragen ohne Untersuchung kaum vorstellbar ist).

2. Soweit es um die Zurückweisung von Beweisfragen geht (in Rede stehen hier nur noch die Fragen 3 und 5 bezüglich der Behandlungsalternativen und der insoweit erfolgten "hinreichenden" Aufklärung), ist die Beschwerde zulässig und teilweise auch be...

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