Leitsatz (amtlich)

Erscheint nur der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in Unkenntnis der Klagerücknahme und der Terminsaufhebung verhandlungsbereit im Sitzungssaal zur ursprünglich vorgesehenen Terminsstunde, so fällt eine 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV an.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3105

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 08.05.2008; Aktenzeichen 3 O 18/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 8.5.2008 - 3 O 18/06 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses gem. § 269 Abs. 3 ZPO der 3. Zivilkammer des LG Köln vom 28.12.2007 sind von der Klägerin an die Beklagte 1.647,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 28.12.2007 zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 451,01 EUR.

 

Gründe

I. Mit einem am 14.12.2007 (Freitag) bei Gericht eingegangenen Schriftsatz nahm die Klägerin die Klage zurück. Termin war auf den 18.12.2007 (Dienstag) bestimmt. Als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zur festgesetzten Terminsstunde im Sitzungssaal erschien, wurde ihm seitens des Gerichts unter Übergabe des gegnerischen Schriftsatzes vom 14.12.2007 mitgeteilt, dass die Klage zurückgenommen und der Termin aufgehoben worden sei. Dem Akteninhalt lässt sich eine förmliche Terminsaufhebung nicht entnehmen. Jeweils unter dem 18.12.2007 finden sich lediglich eine gerichtliche Verfügung ("Wiedervorlage 2 Wochen - Kostenantrag") und ein gerichtlicher Vermerk ("RA Dr. X. hat Durchschrift erhalten").

Zur Festsetzung angemeldet hat die Beklagte u.a. eine 0,5 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV i.H.v. 451,01 EUR. Der Rechtspfleger hat dies abgelehnt unter Hinweis darauf, dass ein Termin infolge der Klagerücknahme nicht stattgefunden habe.

Hiergegen richtet sich die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel. Sie führt hierzu aus, da ihr Rechtsanwalt zum zuvor anberaumten Termin in Unkenntnis der Klagerücknahme verhandlungsbereit zur vorgesehenen Terminsstunde im Sitzungssaal anwesend gewesen sei, sei die Terminsgebühr in beantragter Höhe entstanden und zu erstatten.

Die Klägerin tritt der Ansicht des Rechtspflegers bei und ist im Übrigen der Meinung, dass eine Terminsgebühr, sollte sie doch entstanden sein, lediglich nach dem Kostenwert zu berechnen sei.

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen unter Hinweis darauf, dass die Akte kein Protokoll über die mündliche Verhandlung enthalte, aus dem sich ergebe, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten verhandlungsbereit zum Termin erschienen sei.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg.

Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers kann die Beklagte von der Klägerin die Erstattung einer 0,5 Terminsgebühr verlangen, weil ihr Prozessbevollmächtigter, dem die Klagerücknahme und die Terminsaufhebung bis dahin nicht bekannt waren, verhandlungsbereit im Sitzungssaal zur ursprünglich vorgesehenen Terminsstunde erschienen war.

1. In einer früheren Entscheidung (Beschl. v. 8.3.2007 - 17 W 37/07 - = OLGReport 2008, 30) hat der Senat eine 0,5 Terminsgebühr als erstattungsfähig dann angesehen, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers zum Termin erschien und das Gericht davon unterrichtete, dass ihm der gegnerische Kollege telefonisch mitgeteilt habe, er habe die Berufung zwischenzeitlich zurückgenommen und während einer Sitzungsunterbrechung seitens des Gerichts festgestellt wurde, dass etwa 1 Stunde zuvor ein entsprechender Schriftsatz eingegangen war.

Eine 0,5 Terminsgebühr hat der Senat des Weiteren in einer anderen Entscheidung (Beschl. v. 22.1.2008 - 17 W 123/08) als zu erstatten angesehen, wo ca. 2 Stunden vor dem Termin ein die Klagerücknahme enthaltener Schriftsatz eingegangen war, dieser dem Gericht erst dadurch zur Kenntnis gelangte, dass auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin erschien und jenes und den gegnerischen Kollegen dementsprechend informierte.

2. Im vorliegend zu beurteilenden Fall gilt nichts Anderes. Dass die Durchführung eines Termins nicht Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen einer Terminsgebühr ist, ergibt sich bereits aus Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Alt. RVG-VV. Sie entsteht vielmehr nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH AnwBl. 2007, 381 = FamRZ 2007, 321) selbst dann, wenn die Parteien einer außergerichtliche Besprechung über nicht rechtshängige Ansprüche zur Vermeidung eines zukünftigen Prozesses führen (s. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Vorbem. 3 RVG-VV Rz. 93 m.w.N.).

Es reicht deshalb in Fällen, in denen der gegnerische Prozessbevollmächtigte von der Rücknahme der Klage oder des Rechtsmittels nichts weiß, aus, dass er zur Terminsstunde verhandlungsbereit erscheint. Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinen beiden früheren Entscheidungen. Auch in jenen Fällen hä...

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