Leitsatz (amtlich)
In Fällen tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Gruppen von Wohnungseigentümern kann das Gericht im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf Antrag eines Wohnungseigentümers zur Verwirklichung seines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung auch dann einen Verwalter bestellen, wenn die Voraussetzungen für eine Bestellung nach § 26 Abs. 3 i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 3 WEG nicht vorliegen. Die Auswahl des Verwalters liegt im Ermessen des Gerichts. Das Beschwerdegericht hat im Beschwerdeverfahren nicht nur dieses Ermessen zu überprüfen, sondern selbst über die Verwalterbestellung nach eigenem billigen Ermessen zu entscheiden.
Normenkette
WEG § 26 Abs. 3, § 43 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 12 UR II 261/01 WEG) |
LG Aachen (Aktenzeichen 2 T 58/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Aachen vom 9.10.2002 – 2 T 58/02 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die Entscheidung des LG ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt allerdings die Feststellung des LG, dass angesichts der tiefgreifenden Zerstrittenheit zwischen den Antragsgegnern als Mehrheitseigentümern und den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft die Wahl der Beteiligten zu 4) ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht und deshalb der Anfechtungsantrag gegen den zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 11.12.2001 gefasste Beschluss durchgreift. Auf die eingehenden Ausführungen in den Beschlüssen des AG und des LG nimmt der Senat zur Vermeidung weiterer Wiederholungen Bezug. Insbesondere war es nicht rechtsfehlerhaft, in die Erwägungen die Überlegung einzubeziehen, dass die Verwalterin und damit auch der für sie handelnde langjährige Steuerberater der Antragsgegner, also eine Person, zu der ein besonderes berufliches Vertrauensverhältnis besteht, ggfls. gehalten ist, gegen die Antragsgegner wegen der Wiederherstellung des von dem Antragsgegner G.F. entfernten Kamins vorzugehen. Der Umstand, dass die Antragsteller zu 1) ihren rechtskräftig titulierten Anspruch ggfls. nach § 45 Abs. 3 WEG i.V.m. §§ 887 ff. ZPO durchsetzen können, ändert nichts daran, dass daneben der in der Eigentümerversammlung vom 11.12.2001 zu TOP 3 gefasste Beschluss besteht, den die Verwalterin auszuführen hat.
Gleichwohl ist dem Senat in diesem Punkt eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Die Antragsteller haben ihren Anfechtungsantrag verbunden mit einem Antrag auf gerichtliche Bestellung eines neuen Verwalters. Ein derartiger Antrag ist zulässig. Das Wohnungseigentumsgericht kann nämlich gerade in den Fällen, in denen tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Gruppen von Wohnungseigentümern bestehen oder eine Gruppe die andere majorisiert, im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf Antrag eines Wohnungseigentümers zur Verwirklichung seines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung auch dann einen Verwalter bestellen, wenn die Voraussetzungen für eine Bestellung nach § 26 Abs. 3 i.V.m. § 43 Abs. 1 Nr. 3 WEG nicht vorliegen (vgl. BayObLG NZM 1999, 713 = ZMR 1999, 497; v. 12.12.1988 – BReg. 2 Z 49/88, NJW-RR 1989, 461; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., § 26 Rz. 8, 22; Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., § 43 Rz. 36; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 26 WEG Rz. 4; a.A. Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rz. 24, 48). Wegen dieses Antrags, dem das AG mit der Maßgabe stattgegeben hat, dass die Bestellung eines neuen Verwalters ab Rechtskraft eintreten soll, ist die Sache indes noch nicht entscheidungsreif, weil insoweit die Entscheidung des LG teilweise nicht frei von Rechtsfehlern und die Sache deswegen an das LG zurückzuverweisen ist. Eine Zurückweisung der weiteren Beschwerde wegen des Anfechtungsantrags und eine Zurückverweisung der Sache im Übrigen hätte daher die Folge, dass die Eigentümergemeinschaft zeitweise ohne Verwalter wäre. Dem könnte zwar durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Senat begegnet werden, was aber nicht als zweckmäßig erscheint, weil dies unter Umständen mehrfache Verwalterwechsel die Folge hätte und diese der Gemeinschaft nicht zuzumuten sind.
Wegen des Antrags nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG hat bereits das AG zutreffend ausgeführt, dass wegen der extremen Blockbildung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und des „Verschleißes” von drei Verwaltern innerhalb von wenigen Jahren eine ordnungsgemäße Verwaltung nur durch die gerichtliche Bestellung eines Verwalters durchgesetzt werden kann. Die auf dieser Grundlage zu treffenden Maßnahmen liegen gem. § 43 Abs. 2 WEG in dem – im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Ermessensfehler überprüfbaren – billigem Ermessen des Tatrichters. Insoweit vermag der Senat wegen der amtsgerichtlichen Entscheidung, und zwar sowohl zur der Dauer der Bestellung wie auch zur P...