Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 183/21) |
Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Verfügungsbeklagten gegen die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... vom 03.02.2022 wird für unbegründet erklärt.
Gründe
Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet eine Ablehnung nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Ein solcher Grund kann zwar durchaus auch im Zusammenhang mit richterlichen Hinweisen (§ 139 ZPO) auftreten, welche auf die Ausübung von materiellen Gestaltungsrechten, prozessualen Handlungsoptionen (wie z.B. eine "Flucht in die Säumnis") oder bisher gar nicht erst im Parteivortrag angedeutete materielle Einreden/Einwendungen strikt zu Gunsten einer Partei abzielen (dazu etwa im Überblick statt aller Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 42 Rn. 12; MüKo-ZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, § 42 Rn. 59 f. m.w.N.).
Ein solcher Fall potentiell einseitiger "Unterstützung" einer Partei liegt mit der hier fraglichen Verfügung der Vorsitzenden vom 05.01.2022 (Bl. 40 d. Senatshefts), in der in der noch laufenden (unverlängerten) Berufungsbegründungsfrist auf den Antrag vom 03.01.2022 (Bl. 38 d. Senatshefts) hin nur "vorsorglich" auf die Frage einer etwaigen Dringlichkeitsschädlichkeit des Antrages verwiesen worden und mit Blick darauf ein weiteres Festhalten an dem Verlängerungsantrag "abgefragt" worden ist, aber noch nicht vor. Richtig ist zwar, dass - wie auch die Stellungnahme des Verfügungsbeklagten vom 15.02.2022 (Bl. 165 ff. d. Senatshefts) betont - mit der Glaubhaftmachung eines sog. Verfügungsgrundes durchaus Fragen des materiellen Rechts berührt sind und der richterliche Hinweis insofern durchaus eine (eilige) Reaktion des Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers "herausgefordert" haben mag.
Das allein genügt aber nicht für die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit: Weil die Frage, ob und wie das Stellen von Fristverlängerungsanträgen für die Berufungsbegründungsfrist in einstweiligen Verfügungsverfahren "dringlichkeitsschädlich" ist, ohnehin noch nicht im letzten Detail als geklärt anzusehen und die Handhabung einer (möglichen) "Selbstwiderlegung" der Dringlichkeit jedenfalls von gewissen regionalen Unterschieden geprägt sein dürfte (vgl. etwa aus jüngerer Zeit zum Thema neben der in der Verfügung der Vorsitzenden Richterin zitierten OLG-Entscheidung etwa OLG Dresden v. 06.03.2018 - 4 U 1675/17, juris = NJW-RR 2018, 1135; OLG Nürnberg v. 07.11.2017 - 3 U 1206/17, BeckRS 2017, 153630 Rn. 12 f.; Senat v. 18.03.2019 - 15 U 25/19, BeckRS 2019, 22208 Rn. 3; Schuschke/Roderburg, in: Schuschke u.a., Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl. 2020, Vor § 935 Rn. 105 m.w.N.), wird teilweise ein richterlicher Hinweis auf das Problem vor einer Entscheidung über eine beantragte Fristverlängerung aus Gründen des fairen Verfahrens sogar ausdrücklich für geboten gehalten (so deutlich Schlingloff, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, § 12 Rn. 401; Kaiser, in: Götting/Nordemann, UWG, 3. Auflage 2016, § 12 Rn. 171; Voß, in Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl. 2018, § 940 Rn. 90 und offenbar auch OLG Frankfurt v. 24.09.2015 - 6 U 60/15, BeckRS 2016, 1414 Rn. 4). Zwar teilt die h.M. diese Einschätzung nicht und meint, dass das Gericht - insbesondere gegenüber einem im einstweiligen Rechtsschutz angesichts seines angegebenen anwaltlichen Betätigungsfeldes erwartungsgemäß mit der Thematik "bewanderten" Rechtsanwalt - keinen Hinweis zu erteilen "brauche" (so etwa OLG Düsseldorf v. 15.07.2002 - 20 U 74/02, GRUR-RR 2003, 31, 32; OLG München v. 30.06.2016 - 6 U 531/16, WRP 2016, 1404, 1414 f.; OLG Dresden v. 06.03.2018 - 4 U 1675/17, juris Rn. 12; OLG München v. 16.09.2021 - 29 U 3437/21 Kart, GRUR-RS 2021, 29384; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 12 Rn. 2.16; Dötsch, MDR 2010, 1429, 1433). Das bedeutet aber noch nicht, dass ein dennoch etwa aus Gründen des fairen Verfahrens erteilter richterlicher Hinweis damit sogleich grob verfahrensfehlerhaft wäre bzw. sogar (mehr oder weniger automatisch) die Besorgnis einer Befangenheit begründen muss.
Für die Annahme einer solchen Besorgnis bestand hier auch aus einem weiteren Grund kein Anlass: Denn im weiteren Verlauf des Verfahrens wird vom Senat zu klären sein, ob ggf.- wie die Berufungserwiderung des Verfügungsbeklagten meint - bereits das schlichte Stellen eines Verlängerungsantrages "dringlichkeitsschädlich" gewesen ist (so die in der richterlichen Verfügung der Vorsitzenden zitierte Entscheidung des OLG München v. 16.09.2021 - 29 U 3437/21 Kart, GRUR-RS 2021, 29384) oder erst das - hier in der Tat dann fehlende - "Ausschöpfen" einer solchen (ggf. verlängerten) Frist, so dass etwa eine auf Hinweis noch ausreichend zeitnah erfolgende Begründung unschädlich wäre (so OLG Frankfurt v. 24.09.2015 - 6 U 60/15, BeckRS 2016, 1414 Rn. 4). Auch i...