Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulässigkeit der Eintragung eines beschränkten Nießbrauchs an einem Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung eines beschränkten Nießbrauchs an einem bebauten Grundstück kann nicht ins Grundbuch eingetragen werden.
Normenkette
BGB §§ 93, 1010, 1030
Verfahrensgang
AG Leverkusen (Beschluss vom 22.06.2016; Aktenzeichen WH-1099-8) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 24./. 27.06.2016 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG - Grundbuchamts - Leverkusen vom 22.06.2016 (WH-1099-8) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch von W., als Eigentümerin des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes eingetragen. In der Urkunde des Notars Dr. D. vom 17.05.2016 (Bl. 53 ff.) verpflichtete sie sich unter § 2 (1), den Beteiligten zu 2) und 3), ihren Töchtern, an einem insgesamt 1/4 betragenden Miteigentumsanteil an diesem Grundbesitz einen Nießbrauch, untereinander als Gesamtberechtigten nach § 428 BGB, einzuräumen.
In § 3 der Urkunde ("Nutzungsvereinbarung") heißt es auszugsweise:
"(1) Frau Z. als Eigentümerin einerseits und ihre beiden Töchter als gemeinschaftliche Nießbraucher andererseits schließen hiermit nachfolgende Nutzungsvereinbarung.
(2) Mit dem vorstehend bestellten Nießbrauchsrecht (1/4 Anteil) an dem vorstehend genannten Grundbesitz ist das lebenslängliche Nutzungsrecht an sämtlichen Räumlichkeiten der im Obergeschoss des Objektes befindlichen Wohnung verbunden. Das Recht ist auf die Lebenszeit des Längstlebenden der Geschwister W. und R. vereinbart.
Des weiteren ist mit dem Nutzungsrecht das Recht verbunden, die auf dem Grundstück gelegene Zufahrt von der öffentlichen Straße H. zum Wohngebäude nebst der Nutzung eines PKW-Stellplatzes verbunden.
Mit dem unbelasteten ¾ Miteigentumsanteil an dem vorstehend genannten Grundbesitz ist das zeitlich unbegrenzte Nutzungsrecht an sämtlichen übrigen Räumlichkeiten der in dem vorgenannten Objekt im Erdgeschoss befindlichen Wohnung verbunden. Mit diesem Nutzungsrecht ist des weiteren die Nutzung der übrigen Grundstücksfläche verbunden, soweit diese nicht zur gemeinschaftlichen Nutzung vorgesehen ist.
...
(5) Die vorstehend in Abs. 2 getroffene Nutzungsvereinbarung soll grundbuchlich gesichert werden. Die übrigen Vereinbarungen sind nur schuldrechtlich."
In § 6 des Vertrages heißt es auszugsweise:
"(2) Die Beteiligten bewilligen und beantragen hiermit die Eintragung eines Quoten- Nießbrauchsrechts zu einer Quote von 1/4 Anteil an dem Grundbesitz und zu Gunsten von Frau W. und R., diesen untereinander als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB.
(3) Die Beteiligten bewilligen und beantragen die Eintragung einer Miteigentümervereinbarung entsprechend § 1010 BGB zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber des Quotennießbrauchsrechts gemäß vorstehend § 3 Absatz 2."
Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat unter dem 19.05.2016 eine Ausfertigung der Urkunde bei dem Grundbuchamt zum Vollzug vorstehender Erklärungen der Beteiligten eingereicht.
Durch Beschluss vom 22.06.2016 (Bl. 67 f.) hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, § 1010 BGB sei nicht anzuwenden, da es an einer Miteigentümergemeinschaft fehle, weil die Beteiligte zu 1) Alleineigentümerin geblieben sei; eine Analogie sei aufgrund des sachenrechtlichen Typenzwangs ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten mit den Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. und 27.06.2016; im letztgenannten Schriftsatz ist ausgeführt, der erstgenannte Schriftsatz sei als "Rechtsbeschwerde" anzusehen. Die Grundbuchrechtspflegerin hat durch den der Geschäftsstelle am 01.07.2016 übergebenen Beschluss vom 30.06.2016 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Grundbuchbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag mit Recht zurückgewiesen.
Die in § 3 (2) vereinbarte Nutzungsregelung kann nicht im Grundbuch eingetragen werden. Der Nießbrauch gewährt grundsätzlich das umfassende Recht, die gesamten Nutzungen des belasteten Vermögensgegenstandes zu ziehen (§ 1030 Abs. 1 BGB).
Der Nießbrauch kann zwar nach § 1030 Abs. 2 BGB durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden. Dies bedeutet aber nur, dass von der Übertragung der Gesamtnutzung lediglich einzelne Nutzungen ausgenommen werden können, ohne dass hierdurch der Charakter des Nießbrauchs als grundsätzlich umfassendes Nutzungsrecht beeinträchtigt werden darf. Insbesondere ist es demnach als unzulässig anzusehen, die Nutzung von vornherein auf eine einzelne Nutzungsart oder auf verschiedene einzelne Nutzungsrechte zu beschränken; hierfür ist das Rechtsinstitut der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nach §§ 1090 ff. BGB vorgesehen.
Ein Nießbrauch kann zwar an einem ideellen Bruchteil eines Grundstücks(Grundstückseigentums), nicht aber an einem realen Te...