Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Verwerfung eine Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil durch Beschluss
Normenkette
ZPO §§ 238, 341
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 07.09.2006; Aktenzeichen 42 F 490/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten vom 22.9.2006 wird der Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 7.9.2006 aufgehoben und das Verfahren an das FamG zurückverwiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss ist der Widereinsetzungsantrag des Beklagten wegen der Versäumung der Einspruchsfrist zurückgewiesen worden. Gleichzeitig ist der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil des AG vom 3.3.2006 als verspätet verworfen worden.
Der Beklagte vertritt mit der Beschwerde die Auffassung, das Versäumnisurteil vom 3.3.2006 sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Auch wenn er sich vom 15.11.2005 bis zum 3.5.2006 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden habe, seien sowohl die Terminsladung als auch das Versäumnisurteil an seinen Wohnsitz zuzustellen gewesen.
Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde nach §§ 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässig. Soweit nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden worden ist, ist das gegen eine Beschluss gegebene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde im Wege der Meistbegünstigung gegeben (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., vor § 511 Rz. 30 mit weiteren Nachweisen).
Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Denn das FamG hat nicht in zulässiger Weise über den Einspruch des Beklagten und den Wiedereinsetzungsantrag entschieden. Nach der Neufassung der ZPO durch das Zivilprozessrechtsreformgesetz 2001 muss die Entscheidung über die Verwerfung des Einspruches gegen ein Versäumnisurteil stets durch Urteil ergehen, § 341 Abs. 2 ZPO (s. auch Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 24. Aufl., § 341 Rz. 5; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 341 Rz. 9; Schenkel, MDR 2003, 136). Die gleiche Entscheidungsform gilt gem. § 238 Abs. 2 ZPO auch im Hinblick auf die Entscheidung über die Wiedereinsetzung.
Die Sache ist vorliegend analog § 538 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufzuheben und zurück zu verweisen, denn der Einspruch des Beklagten ist als unzulässig verworfen worden (s. Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 572 Rz. 31).
Eine eigene Sachentscheidung des Senats entsprechend § 538 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Für eine solche Entscheidung wäre nicht der originäre Einzelrichter, sondern der Senat zuständig, der jedoch nicht über die sofortige Beschwerde gegen den Verwerfungsbeschluss zu befinden hat. Aufgrund der erstinstanzlichen Einzelrichterentscheidung mittels Beschluss ist gem. § 568 Satz 1 ZPO der originäre Einzelrichter beim OLG für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig. Bei der an sich prozessual gebotenen Entscheidung durch Urteil wäre für die Entscheidung der Senat und damit ein anderer Spruchkörper zuständig gewesen. Dieser könnte gem. § 526 ZPO die Sache allenfalls auf den entscheidenden Einzelrichter übertragen, sofern sich der Rechtsstreit dafür eignen würde und die weiteren Voraussetzungen vorlägen. Umgekehrt könnte der Einzelrichter das Beschwerdeverfahren nur unter den Voraussetzungen des § 568 Satz 2 ZPO, die hier nicht vorliegen, auf den Senat übertragen. Eine originäre Zuständigkeit des Senats, wie sie im Urteilsverfahren bestehen würde, kommt bei der gegebenen Fallkonstellation in keinem Fall in Frage. Mithin ist es aufgrund der prozessual fehlerhaften Entscheidung des LG zu einer gesetzwidrigen Verschiebung der Zuständigkeit gekommen, die durch die Zurückverweisung der Sache zu korrigieren ist (vgl. OLG Celle NJW-RR 2003, 647).
Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind im Hinblick auf die Nichtbeachtung der Neufassung des § 341 Abs. 2 ZPO nicht zu erheben, § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Fundstellen
OLGR-Mitte 2007, 228 |
www.judicialis.de 2006 |